Staatschef konnte in Rolle der Krisenfeuerwehr punkten. | "Speedy" Sarkozy machte seinem Namen alle Ehre. | Brüssel. Er war für die EU offenbar der richtige Mann zur richtigen Zeit: Das sagen inzwischen auch jene über Nicolas Sarkozy, die noch vor einem halben Jahr befürchtet hatten, er werde eine rein aktionistische und französische Agenda fahren. | Daten & Taten
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Dabei hatte sich Frankreichs Präsident viel vorgenommen: Ein Fahrplan zur Rettung des Lissabonner Vertrags nach dem Nein der Iren, die Einigung auf die Umsetzung der EU-Klimaschutzziele, eine Reform der EU-Agrarförderungen, eine Mittelmeerunion, ein Migrationspakt und einiges mehr schwebte dem französischen Präsidenten vor.
Doch schon Mitte August kam der Krieg in Georgien, und im Krisenmanagement schien Sarkozy erst richtig aufzublühen. Kaum waren die georgischen Stellungen von den Russen überrannt, war er schon in Moskau und handelte mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew und Premier Wladimir Putin einen Waffenstillstand aus.
Obwohl formell natürlich nur Medwedew verhandelte, ist ein Wortwechsel Sarkozys mit Putin durchgesickert: Er werde Saakaschwili "bei seinen Eiern aufhängen", wurde der russische Premier in Medienberichten zitiert. "Aufhängen?", habe der Franzose gefragt. - "Warum nicht, die Amerikaner haben Saddam (Hussein) auch gehängt." - "Schon, aber willst du so enden wie (US-Präsident George W.) Bush?" Auf diese Frage Sarkozys habe Putin eingelenkt: "Da hast du auch wieder recht", soll er gesagt haben.
Keiner der gegenwärtigen EU-Staats- und Regierungschefs hätte die russische Doppelspitze annähernd ähnlich gut handhaben können, sind Diplomaten überzeugt. So konnte zumindest der Krieg rasch beendet und das Regime Saakaschwili gerettet werden, obwohl es die Kampfhandlungen begonnen haben dürfte.
Als die Russen zum Abzug aus dem georgischen Kernland verpflichtet werden konnten, folgte schon die nächste Katastrophe: Die US-Investmentbank Lehman Brothers schlitterte in die Pleite, die Regierung in Washington unternahm nichts. Die Folge: Das extrem ineinander verwobene Weltfinanzsystem näherte sich dem Kollaps und machte vor der EU nicht Halt.
Wieder war Krisenfeuerwehrmann Sarkozy zur Stelle: Mit zwei EU-Gipfeltreffen innerhalb kürzester Zeit wurde ein Rettungspaket zusammengebastelt, das schließlich auch die USA nachahmenswert fanden. Dann griff die Krise auf die restliche Wirtschaft über: 200 Milliarden Euro sollen die möglichst koordinierten Konjunkturpakete zur Ankurbelung der Wirtschaft ausmachen, die EU-Kommission lockert kurzfristig ihre Beihilferegeln.
Sarkozy hat so gut wie alle seine Ankündigungen trotz der unvorhergesehenen Krisen umgesetzt: So konnte er in der "unglaublichen Schlacht" um die Umsetzung des Klimaschutzpakets beim EU-Gipfel letzte Woche noch eine Einigung herbeiführen.
Pragmatiker packt an
Wie Sarkozy das alles erreichen konnte, beschreibt er selbst so: "Man darf sich nicht von Formalitäten fesseln lassen." Und "für große Ziele" seien die Mitgliedsländer auch bereit, "ihre nationalen Egoismen zu opfern." Er habe große Ziele gehabt und pragmatisch agiert, so Sarkozy. Als etwa beim EU-Gipfel kein Sessel für seinen Umweltminister im Raum war, habe er eben selbst einen geholt. Andere könnten "stundenlang darüber diskutieren, wie viele Sessel pro Delegation zulässig sind." Solche Diskussionen seien jedoch "sinnlos."
Für Österreich nicht sinnlos aber leider erfolglos waren die Bemühungen Frankreichs, über die Einbeziehung externer Kosten die Lkw-Maut erhöhen zu dürfen - etwa für Stau, Lärm oder Luftverschmutzung. Paris gilt hier als einer der wenigen Verbündeten Wiens.