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Ein Turm und die Menschheit

Von Daniel Bischof

Politik

ÖVP Wien prescht in Causa Heumarkt vor. Stadt Wien hält eine Lösung für "sehr realistisch".


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Wien. Die Zeit drängt. Bereits Ende Juni startet die nächste Sitzung des Welterbe-Komitees, in der über das weitere Vorgehen hinsichtlich Wiens Weltkulturerbestatus beraten wird. Eine Aberkennung steht im Raum, nachdem die Unesco das historische Zentrum Wiens im Sommer 2017 auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt hat.

Mit der nahenden Entscheidung verschärfen sich auch wieder die politischen Debatten. Am Montag preschte die Wiener ÖVP vor. Sie präsentierte die Ergebnisse eines rundes Tisches zum Weltkulturerbe, an dem am vergangenen Freitag Bürgerinitiativen und NGOs, die sich für den Erhalt des Welterbes engagieren, teilgenommen haben. Laut ÖVP-Angaben waren rund 50 Vertreter diverser Vereine anwesend.

"Wir wollten zeigen, dass sie nicht alleine kämpfen", sagte der nicht-amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch. Die ÖVP nehme die Anregungen der Initiativen im Gegensatz zur rot-grünen Stadtregierung ernst. Etwa jene, den Schutz des Weltkulturerbes in der Stadtverfassung zu verankern. Einen entsprechenden Antrag werde man in der nächsten Gemeinderatssitzung einbringen, kündigte Wölbitsch an. Wien dürfe nicht länger auf einer roten Liste stehen: "Es geht hier um nichts Geringeres als das Erbe für die gesamte Menschheit."

Lob und Tadel

Einige Vertreter der Initiativen erschienen auch bei der Pressekonferenz am Montag. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" lobten sie zwar die ÖVP-Bemühungen, vermissten allerdings klare Maßnahmen. "Das waren schöne Worte, die aber am Kern der Sache vorbeigehen", meinte etwa Herbert Rasinger, Obmann der Initiative Stadtbildschutz. Eine Rettung des Welterbestatus ist seiner Meinung nach nur möglich, wenn der von der rot-grünen Stadtregierung beschlossene Heumarkt-Flächenwidmungsplan vom 1. Juni 2017 beseitigt wird: "Ansonsten kann die Unesco Wien nicht von der Roten Liste nehmen."

Die ÖVP habe keine Maßnahmen nennen können, wie man diesen Beschluss beseitige. Rasinger fordert die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes.

ÖVP-Planungssprecherin Elisabeth Olischar gab an, "alle möglichen rechtlichen Mittel" prüfen zu lassen. Der Gang zum Verfassungsgerichtshof - das Höchstgericht könnte den Flächenwidmungsplan auf Antrag der Bundesregierung prüfen - sei die Ultima Ratio. Vorerst gehe es darum, den Dialog zu suchen. Olischar und Wölbitsch nahmen vor allem den künftigen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in die Pflicht. "Er könnte zeigen, dass er Teil der Lösung ist", so Wölbitsch.

"Ludwig ist eingebunden und über den Gesprächsverlauf informiert. Er sitzt aber nicht persönlich am Verhandlungstisch", hieß es am Montag aus Ludwigs Büro. Noch sei Ludwig nicht Bürgermeister, sondern Wohnbaustadtrat. Bis zum 24. Mai - dem Tag von Ludwigs Amtsantritt - seien daher keine konkreten Schritte in der Causa seitens des Stadtrates geplant.

"Die Zuversicht ist da"

Derzeit sei Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) am Zug, so ein Sprecher von Ludwig. Der Klubchef der Wiener Grünen, David Ellensohn, hatte in der "Wiener Zeitung" zuletzt Heumarkt-Investor Michael Tojner aufgefordert, die Höhe seines Turmes von den geplanten 66 Metern auf die von der Unesco verlangte Maximalhöhe von 43 Metern zu reduzieren. Ellensohn hatte von Tojner prompt eine Absage erhalten.

Es sei "sehr realistisch", dass es trotzdem noch zu einer Lösung komme, erklärte man in Ludwigs Büro. Die Zuversicht, dass die Gespräche mit denen handelnden Einrichtungen und Personen zu einem positiven Ergebnis führen, sei "auf jeden Fall da". Den Vorschlag, das Weltkulturerbe in der Stadtverfassung zu verankern, wollte man nicht kommentieren.

Das Projekt am Heumarkt ist nicht das einzige Bauvorhaben, das die Unesco derzeit im Visier hat. Auch das umstrittene Gastroprojekt "Stöckl im Park" im Schwarzenbergpark beim Belvedere stößt der Organisation sauer auf. Die Republik Österreich wurde von der Unesco aufgefordert, bis Freitag zu dem Gastroprojekt Stellung zu beziehen.