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Mehr als acht Monate Verhandlungsarbeit hat Regierungsbeauftragte Maria Schaumayer in das große Projekt der Entschädigung für ehemalige Zwangsarbeiter in Österreich gesteckt. Heute erfolgt der "Höhepunkt" ihrer Arbeit mit der Unterzeichnung der bilateralen Abkommen zwischen Österreich, Weißrussland, Polen, Russland, Tschechien, Ungarn, der Ukraine und den USA im Bundeskanzleramt. Damit tritt das Versöhnungsfondsgesetz in Kraft, das zur Zahlung von 6 Mrd. Schilling an noch 150.000 lebende Opfer ermächtigt. Aber gleich am Abend geht es weiter mit den Verhandlungen über den Restitutionskomplex.
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Alle Staaten - und die Opferanwälte - unterzeichnen dann eine Gemeinsame Erklärung, das so genannte "Joint Statement". Mit der Unterschrift der Opferanwälte wird jener Teil der Sammelklagen, der sich auf die Entschädigung von ehemaligen Zwangsarbeitern bezieht, hinfällig. Aufrecht dagegen bleiben die Forderungen im Zusammenhang mit Enteignungen, also die Restitutionen.
Die jüngst vom US-Anwalt Jay R. Fialkoff (New York) eingebrachte Sammelklage könnte nach Ansicht der Opferanwälte Ed Fagan und Michael Witti, die das Joint Statement heute unterzeichnen werden, eine erste "Nagelprobe" werden. Denn mit Hilfe des "Statement of Interest", das ebenfalls heute von Österreich und den USA unterzeichnet wird, könnten US-Gerichte erstmals Klagen aus dem Titel Zwangsarbeit abgewiesen werden.
Es könne sich noch ausgehen, dass die ersten Schecks vor Jahreswechsel ausgestellt werden, sieht Schaumayer ihr Ziel knapp erreichbar. Noch ist allerdings in Sachen Zwangsarbeiter-Entschädigung nicht alles über die Bühne - Schaumayer rät daher, nicht zu früh Euphorie an den Tag zu legen. Erst wenn die Anwälte ihre Klagen zurückzögen, könne mit den ersten Auszahlungen begonnen werden. Allerdings kam gestern diesbezüglich von Witti und Fagan Entwarnung: Der Zwangsarbeiter-Deal sei "almost done".
An die Unternehmen appellierte Schaumayer einmal mehr die Unterzeichnung der Verträge als Signal zu sehen, dass es für sie Rechtssicherheit gebe und sie daher ihren Beitrag zum Versöhnungsfonds rasch leisten sollen. Zuletzt fehlte aus der Wirtschaft noch etwa 1 Mrd. Schilling (der Bund trägt 2,5 Mrd. Schilling zum Fonds bei, die Länder 500 Mill. und die Wirtschaft 3 Mrd. Schilling). Mit dem Arbeitsbeginn des Fonds sieht Schaumayer ihre Aufgabe als beendet an.
Ernst Sucharipa, den Sonderbotschafter für Restitutionsfragen, wird seine Aufgabe nach Ansicht Schaumayers längere Zeit in Anspruch nehmen - die Regierungsbeauftragte rechnet mit drei Jahren.
Gleich heute Abend beginnen zwischen der österreichischen Delegation, angeführt von Sucharipa, der US-Delegation unter US-Vizefinanzminister Stuart Eizenstat, den Anwälten, Vertretern jüdischer Opferorganisationen und einem Vertreter der Zeugen Jehovas die Restitutionsverhandlungen.
Die im Zusammenhang mit der Restitution genannten 150 Mill. Dollar, die Österreich dafür vorgesehen hat, werden von den Opfervertretern als "Vorauszahlung betrachtet.