Die Debatte um die "Kürzung der Pensionen" beziehungsweise um die "Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge" geht weiter. Der Dritte Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn sprach gestern in diesem Zusammenhang von einem "unsäglichen Fehler", LH Jörg Haider von einem "Betriebsunfall". Dagegen warnte SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer davor, dass das "Solidaritätsprinzip außer Kraft gesetzt" werde. Die ÖVP - mit Ausnahme der Präsidentschaftskandidatin Außenministerin Benita Ferrero-Waldner - bleibt dagegen dabei: Die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge sei notwendig gewesen, um das Gesundheitssystem zu sichern.
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Als "unsäglichen Fehler", der korrigiert werden müsse, bezeichnete Prinzhorn die De-Facto-Pensionskürzungen durch die Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrags. Was konkret unternommen werden soll, werde er "hier und jetzt sicher nicht sagen", meinte er in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Haider in Klagenfurt und verwies auf die Sondersitzung des Nationalrats am kommenden Dienstag.
Haider sprach bei dieser Gelegenheit von einem "Betriebsunfall". Es werde ungefähr 52 Mill. Euro kosten, um dies österreichweit auszugleichen.
Auch die geschäftsführende FPÖ-Obfrau Ursula Haubner sprach sich neuerlich für Korrekturen aus, wollte aber die Drohung ihres Bruders - die FPÖ könnte sonst dieGesundheitsreform blockieren - nicht kommentieren.
Lediglich die ebenfalls wahlwerbende Ferrero-Waldner stellte sich gegen die Parteilinie der ÖVP, die tags zuvor Bundeskanzler Wolfgang Schüssel neuerlich vorgegeben hatte. Der Kanzler hatte klar gestellt, dass die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge kalkuliert und mit Absicht beschlossen worden sei. Ferrero-Waldner meinte gestern, sie sei gegen jede Form von sozialen Härten. Ein Ausgleich müsse gefunden werden.
Eine "gekünstelte Aufregung" und "gesteuerte Hysterie" beklagt dagegen die Bundesobfrau der Jungen ÖVP Silvia Fuhrmann. Es könne nur im Sinne des Generationenvertrages sein, dass jeder seinen Anteil zur nachhaltigen Sicherung des Gesundheitssystems einbringe. Es sei "völlig gerechtfertigt, von den Hauptkonsumenten", den älteren Menschen, geringfügig höhere Beiträge zur nachhaltigen Sicherung des Systems auch für uns junge Menschen einzufordern.
Ganz und gar nicht so sieht das SPÖ-Vorsitzender Gusenbauer. Für ihn wird damit das "Solidaritätsprinzip außer Kraft gesetzt". Schließlich hätten die jetzigen Pensionisten als Aktive jahrzehntelang mehr in das Gesundheitssystem einbezahlt als sie herausbekommen hätten. Seiner Ansicht nach drohen angesichts der ÖVP-Argumentation nun "enorm hohe Selbstbehalte oder Beitragserhöhungen für chronisch Kranke und Behinderte, "weil die mehr Kosten verursachen".
Grünen-Vize Eva Glawischnig warf Haider vor, ein "Pensionsräuber" zu sein. Schließlich hätte er federführend für die FPÖ sowohl die Pensionsreform als auch die Steuerreform verhandelt. Haider agitiere "heuchlerisch und will die Pensionisten für blöd verkaufen", kritisierte Glawischnig.
Mit einem Lösungsvorschlag wartete die Armutskonferenz auf. Die Sozialversicherungsbeiträge für untere Einkommen sollten gesenkt werden. "Armut ist vermeidbar, wenn man es will", meinte Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie.
Ungewohnte Einigkeit in dieser Frage herrschte dagegen vier Wochen vor der Wahl im Kärntner Landtag. FPÖ, SPÖ und ÖVP brachten Dringlichkeitsanträge zu Gunsten einer Anhebung der Mindestpension ein.