Hochsaison für "Pflegeurlaub" hat begonnen. | Rechtlich kein Urlaub, sondern Arbeitsverhinderung. | Zusätzliche Woche für kranke Kinder unter 12. | Wien. Herbstzeit ist Erkältungszeit. Berufstätige Eltern mit Kindern können ein Lied davon singen. Dass in der kalten Jahreszeit die Nasen der lieben Kleinen ständig rinnen, ist lästig, gehört aber dazu. Wenn sich jedoch Fieber, Husten und Halsweh einstellen, wird es ernst: Der Nachwuchs gehört ins Bett und muss gesund gepflegt werden. Vater oder Mutter können in diesem Fall zuhause bleiben.
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Der Arbeitgeber sollte nun unverzüglich informiert werden. "Ich gehe in Pflegeurlaub", lautet meist die Mitteilung. Es handelt sich dabei jedoch nicht um Urlaub, sondern um bezahlte Pflegefreistellung. Diese stellt im Gesetz einen Sonderfall der "persönlichen Dienstverhinderung wegen familiärer Pflichten" dar.
Auch wenn Ehemann oder Ehefrau oder sonstige nahe Angehörige erkranken und aufgrund der Art und Schwere der Erkrankung bzw. aufgrund des Alters nicht sich selbst überlassen werden können, ist Pflegefreistellung möglich. Voraussetzung: Die pflegebedürftige Person muss im gemeinsamen Haushalt leben.
Als nahe Angehörige gelten neben Kindern und Ehegatten, eingetragene Partner und Lebensgefährten, Adoptiv- und Pflegekinder, Eltern, Groß- und Urgroßeltern. Brüder und Schwestern zählen nicht zu diesem Personenkreis.
Stunden- odertageweise
Das Ausmaß richtet sich nach der wöchentlichen Arbeitszeit. Wer 40 Stunden in der Woche arbeitet, kann im Jahr 40 Stunden (oder eine Woche) Pflegefreistellung beanspruchen. Auch regelmäßig geleistete Überstunden werden dabei berücksichtigt. Bei Teilzeitbeschäftigten ist der Anspruch entsprechend niedriger. Die Pflegefreistellung kann auch nur stundenweise in Anspruch genommen werden, etwa bis Opa, Oma oder Babysitter eintrudeln oder sich die Eltern gegenseitig bei der Betreuung ihres erkrankten Kindes ablösen.
Irene Holzbauer, Arbeitsrechtsexpertin in der Arbeiterkammer Wien, weist darauf hin, dass das alleinige Vorhandensein einer Erkrankung eines nahen Angehörigen nicht ausreicht, um sich Pflegetage nehmen zu können. "Es muss auch Pflegebedürftigkeit vorhanden sein, und das entscheidet der Arzt", sagt Holzbauer. Egal, ob der Ehemann sich das Bein bricht und einen Liegegips verpasst bekommt oder die Ehefrau nach einem Kaiserschnitt nicht fit genug ist, um ihr Kind zu versorgen - für den Nachweis der Pflegebedürftigkeit sind die Mediziner zuständig. Für die Art des Nachweises der Pflegebedürftigkeit ist durch das Gesetz keine bestimmte Form vorgeschrieben. Verlangt der Arbeitgeber keine ärztliche Bestätigung, dann genügen auch die mündlichen Angaben des Arbeitnehmers. Wird hingegen diese Bestätigung gefordert und verlangt der Arzt ein Honorar für die Ausstellung des Attests, dann hat der Arbeitgeber auch die Kosten dafür zu tragen.
Arbeitsrechtsexpertin Holzbauer warnt jedenfalls davor, sich eine Pflegefreistellung zu erschleichen. Das könnte zu einer fristlosen Entlassung führen.
Wenn ein Elternteil nicht berufstätig oder arbeitslos ist, sprich: wenn ohnehin jemand zur Verfügung steht, der sich um die pflegebedürftige Person kümmert, dann besteht kein Anspruch auf Pflegefreistellung.
Wenn die Tagesmutter ausfällt
Eine zweite Form der Pflegefreistellung, die nicht an eine Erkrankung eines nahen Angehörigen gebunden ist, ist die Betreuungsfreistellung. Anspruch darauf besteht, wenn die ständige Betreuungsperson eines (gesunden) Kindes, zum Beispiel die Tagesmutter, aus bestimmten Gründen ausfällt und der Dienstnehmer deshalb nicht zur Arbeit kommen kann. Hier ist kein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind erforderlich.
"Probleme tauchen häufig in Patchworkfamilien auf", sagt Holzbauer. Denn Kinder, die von einem neuen Partner oder einer neuen Partnerin in die Beziehung eingebracht wurden, sind keine nahen Angehörigen, daher gibt es für sie auch keinen Anspruch auf Pflegefreistellung. Auch Scheidungsväter, die nicht bei ihren Kindern wohnen, haben keinen Anspruch auf Pflegefreistellung.
Erkrankt ein Kind unter 12 Jahren, das im gemeinsamen Haushalt mit dem Dienstgeber wohnt, neuerlich, dann kann eine zusätzliche Woche Pflegefreistellung in Anspruch genommen werden. Sich durchgehend zwei Wochen Pflegeurlaub für das erkrankte Kind zu nehmen, ist nicht möglich.
Wer auch mit der zweiten Woche nicht auskommt, kann ausnahmsweise einseitig, das heißt auch ohne Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, Urlaub antreten - sofern noch offener Urlaub vorhanden ist. Ist das Urlaubskonto leer, dann redet man am besten mit dem Arbeitgeber.