"Das Privileg der Unerreichbarkeit" gilt in einigen Hotelbetrieben. | In Österreich werden nur wenige Funklöcher touristisch beworben. | Wien. Ankommen und abschalten. Damit bewerben Hoteliers nicht nur die bei ihnen vorherrschende entspannende Atmosphäre. Einige Häuser nehmen das Abschalten wörtlich: In manchen Mitgliedsbetrieben der Vereinigung Bio-Hotels, die in sechs europäischen Ländern vertreten ist, heißt es bei der Ankunft: Aber bitte ohne Handy. | Nur jede zehnte Unterkunft ist online buchbar
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Die Gäste werden hier angehalten, während ihres Aufenthaltes auf das Mobiltelefon zu verzichten. Dabei geht es den Bio-Hotels vor allem um die Reduktion von Elektrosmog.
Auch das Ötztaler Hotel Edelweiß & Gurgl setzt auf handyfreie Zone. Der Familienbetrieb wirbt mit dem "Privileg der Unerreichbarkeit". Bei der Ankunft der Gäste werden die Handys in Verwahrung genommen - aber nur auf Wunsch.
Einige Hotels können ihren Gästen diese Wahl aber gar nicht lassen: Sie liegen nämlich in einem Funkloch - für die Gäste heißt es also: Kein Anschluss unter dieser Nummer.
Eselwanderungen
Dass dies aber nicht unbedingt nur negativ gesehen werden muss, beweist das Brandenburger Tourismusmarketing. In der deutschen Region, in der es teils mit dem Netzanschluss hapert, hat man den Spieß nun umgedreht. "Statt sich immer nur zu beschweren, dass man keinen Netz hat, sagen wir: Bei uns gibt es Ecken, in denen man unbeschwert Urlaub machen kann", sagt Mischa Wilcke vom Brandenburger Tourismusmarketing. Angeboten werden etwa Radtouren oder Eselwanderungen in Prignitz, wo das Handynetz schlecht ist.
Die deutsche Urlaubsplattform lastminute.de bietet ihren Kunden "klingelfreien Urlaub", etwa auf einer Insel nahe Bali, in Island oder gar in Namibia.
In Österreich gibt es zwar ebenfalls Funklöcher, doch kaum ein Tourismusbetrieb hat bis dato aus der Not eine Tugend gemacht und damit geworben, hat ein Rundruf der "Wiener Zeitung" ergeben.
Urlaub ohne Handynetz kann man etwa im Vorarlberger Hotel Rothenbrunnen machen. Das denkmalgeschützte, abgeschieden gelegene Haus ist vor allem Herberge von Kur- und Seminargästen und setzt ganz auf Entschleunigung. Hier wird die Empfangsstörung aber nicht an die große Glocke gehängt.
Erholung im Funkloch
Das Hotel im Großen Walsertal kommt mit einer puristischen Ausstattung aus: In Rothenbrunnen urlaubt man nicht nur ohne Handyempfang, sondern auch ohne Fernseher und meist auch ohne Auto. Wer hierher kommt, weiß, was ihn erwartet. Die Gäste würden Erholung suchen und das Funkloch äußerst positiv aufnehmen, heißt es von der Geschäftsleitung.
Weniger erfreut sind die Gäste der Liebnitzmühle im Waldviertel, erzählt Chefin Andrea Allinger. Das Hotel weist zwar auf der Homepage darauf hin, dass es in einem Funkloch liegt. Das sieht jedoch nicht jeder vor der Buchung, und oft ist der Zorn groß, wenn der Gast erst vor Ort entdeckt, dass sein Handy außer Gefecht ist. Die Liebnitzmühle bietet zwar WLAN, "aber wir liegen eben mitten im Thayatal drinnen, ich glaube, Handyempfang werden wir nie haben", meint Allinger.
Die Idee, mit der neu gewonnenen Ruhe zu werben, hat man noch nicht aufgegriffen. Zu laut seien die Klagen jener Gäste, die glauben, immer erreichbar sein zu müssen, so Allinger.
Da stellt sich die Frage: Was haben wir nur vor der Erfindung des Mobiltelefons gemacht?