Die Abstimmung über den künftigen Staatsnamen Mazedoniens ist auch eine über die Annäherung an die EU.
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Skopje/Wien. Neben der Sonne prangen die Sterne. Auf der einen Flagge gehen gelb-rote Strahlen von der Mitte aus, die andere Fahne ist in Azurblau gehalten und hat zwölf Glanzlichter. Es sind mazedonische und EU-Flaggen, die bei den Kundgebungen nebeneinander wehen - mit beiden will die Regierung in Skopje für ein Ja beim Referendum am Sonntag werben. Am Freitag war die Kampagne zu Ende, doch die Aufrufe zur Teilnahme an der Abstimmung rissen nicht ab. Beim Votum geht es um den künftigen Namen des südosteuropäischen Staates - auch wenn dies gar nicht explizit auf dem Wahlzettel steht. Vielmehr wird eben auf den angestrebten Beitritt zu EU und Nato hingewiesen, verbunden mit einem Abkommen mit dem benachbarten Griechenland.
Sollte die Vereinbarung angenommen werden, wäre dies ein wesentlicher Schritt hin zur Lösung des Namensstreits mit Athen. Griechenland hat Jahrzehnte lang die Bezeichnung Mazedonien nicht akzeptiert, weil es im Norden des Landes eine gleichnamige Region hat. Deswegen soll der Nachbar künftig Nord-Mazedonien heißen. Athen könnte dann seine Blockade aufheben, die Skopje an einer weiteren Annäherung an die Europäische Union und das transatlantische Militärbündnis gehindert hat.
Wahlbeteiligung entscheidend
Daher wurden Regierungspolitiker nicht müde, die Bedeutung des Referendums zu betonen. Dieses werde von Erfolg gekrönt werden, gab sich zuletzt Außenminister Nikola Dimitrov überzeugt. Es gebe das Bewusstsein, dass sich das Land an einem historischen Wendepunkt befinde, sagte er dem Fernsehsender 24.
Es war auch die Regierung, die die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Zoran Zaev gemeinsam mit albanischen Parteien gebildet hatten, die das Abkommen mit Griechenland ermöglicht hatte. Das vorangegangene nationalkonservative Kabinett, das bis zum Vorjahr an der Macht gewesen war, war auf einem konfrontativen Kurs gegenüber dem Nachbarland. Dass es den Flughafen und die Stadtautobahn nach Alexander dem Großen benannt hatte, den die Griechen als historische Gestalt für sich beanspruchen, hat die Beziehungen alles andere als entspannt. Das Gebäude und die Straße sind mittlerweile umbenannt.
So konnten nach jahrelangen auch internationalen Bemühungen im Juni Dimitrov und sein griechischer Amtskollege Nikos Kotzias die Vereinbarung unterzeichnen. Nun folgt das Referendum in Mazedonien.
Umfragen zufolge zeichnet sich eine Mehrheit für die Vereinbarung ab. Doch wird die Wahlbeteiligung entscheidend sein. Es müssen nämlich mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten am Votum teilnehmen, damit dieses gültig ist. Da allerdings von den rund 1,8 Millionen Menschen, die zu den Urnen gerufen sind, hunderttausende ins Ausland emigriert sind, müsste die Beteiligung wohl bei etwa 60 Prozent liegen.
Verfassungsänderung nötig
Doch selbst dann ist das Ergebnis des Referendums nicht bindend. Vielmehr muss im Parlament eine Verfassungsänderung beschlossen werden, die nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit möglich ist. Doch ein positiver Ausgang des Votums wäre ein starkes Mandat für die Regierung und eine Unterstützung bei der Suche nach Verbündeten im Abgeordnetenhaus. Die nationalkonservative Oppositionspartei VMRO-DPMNE ist zerrissen - etliche Mandatare bezeichnen den Kompromiss mit Athen als "Landesverrat". Dennoch hat Vorsitzender Hristijan Mickoski schon in Aussicht gestellt, das Ergebnis des Urnengangs zu berücksichtigen. Zu dessen Boykott hat hingegen Staatspräsident Georgi Ivanov aufgerufen. Er werde am Sonntag nicht abstimmen gehen, erklärte er nicht nur einmal.
Dass sich die Mehrheit der Mazedonier anders entscheidet, hoffen nicht nur Regierungsvertreter in Skopje, sondern auch EU-Politiker. Sie setzen darauf, dass von dem Land ein positives Signal in die gesamte Region gesendet wird. Kommt nämlich Mazedonien in seiner EU-Annäherung voran, könnte das ebenfalls andere Hauptstädte in Südosteuropa zu größeren Reformanstrengungen motivieren.
Einige Hürden gilt es aber auch nach dem Referendum noch zu nehmen. Neben den Abstimmungen im mazedonischen Parlament stehen auch Debatten im griechischen Abgeordnetenhaus an. Dort muss das Abkommen ebenfalls ratifiziert werden.