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Ein verbesserter Datenzugang kann Leben retten!

Von Ulrike Famira-Mühlberger

Gastkommentare
Ulrike Famira-Mühlberger ist stellvertretende Leiterin des Wirtschaftsforschungsinstituts.

Die Nutzung von Gesundheitsdaten durch die Forschung ist in Österreich bisher äußerst eingeschränkt.


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Die Covid-19-Pandemie hat den limitierten Datenzugang für Forschende in Österreich klar dargelegt. So wissen wir beispielsweise bisher nicht, welche Covid-Patientinnen und Patienten in den Spitälern geimpft sind und welche nicht bzw. wann sie gegebenenfalls geimpft wurden. Ebenso wenig wissen wir die lokalen Inzidenzen, die gezielte Maßnahmen erlauben oder den Menschen in ihrem täglichen Lebensumfeld eine Orientierung geben würden. Wir kennen nicht das Infektionsrisiko unterschiedlicher sozialer Gruppen bzw. Berufsgruppen und können deshalb die Wirkung der meisten Maßnahmen nicht beurteilen. Das Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000 und das Forschungsorganisationsgesetz geändert werden und für das die Begutachtungsfrist kürzlich abgelaufen ist, wird der wissenschaftlichen Community Zugang zu Registerdaten geben - unter Wahrung strenger Datenschutzrichtlinien. Dies wird nicht nur ein Erfolg für die Forschung sein, sondern für all jene, die von dieser Forschung profitieren werden: also alle Steuerzahlerinnen und -zahler, mit deren Geld diese Daten gesammelt werden.

Neue Aufregung gibt es wegen der Vorstöße bei "Digital Health". Die Nutzung von Gesundheitsdaten durch die Forschung ist in Österreich bisher äußerst eingeschränkt, was zu einer suboptimalen Gesundheitsversorgung - und aus ökonomischer Sicht - zu einem ineffizienten Einsatz von Gesundheitsleistungen führt. Ein neuer Vorstoß im Rahmen von "Chancenreich Österreich - digital, nachhaltig wirtschaften" hat zum Ziel, eine Gesundheitsdateninfrastruktur für die Forschung bereitzustellen, um evidenzbasierte Entscheidungen im Gesundheitsbereich zu ermöglichen.

Selbstverständlich müssen bei einer wissenschaftlichen Nutzung von Gesundheitsdaten gebührende Standards an Datenschutz und -sicherheit gewährleistet sein - dies einzuhalten ist für die Forschung grundlegend und kein Problem, da es nicht die persönlichen Gesundheitsdaten von Frau Gruber sind, die interessieren, sondern die anonymisierten Individualdaten, die uns in der Zusammenführung Zusammenhänge aufzeigen, die wir sonst nicht erkennen können. Beispiele sind unzureichend erforschte Kreuzwirkungen von Medikamenten oder die Wirkung zugelassener Medikamente auf neue Krankheitsbilder (z.B. Wirksamkeit des Asthmasprays Budesonid auf schwere Covid-Erkrankungen). Ebenso wissen wir durch mangelnden Datenzugang kaum etwas über die Zusammenhänge von Gesundheitsleistungen und der Nachfrage nach Pflegeleistungen und Pflegegeld. Die Liste der Beispiele ließe sich lange fortsetzen. Hier sind wir bisher weitgehend im Tal der Ahnungslosen.

Klarerweise sind mit dem Zugang zu Gesundheitsdaten auch kommerzielle Interessen verbunden. Schlussendlich sind es auch Pharmafirmen, die die Erkenntnisse aus diesen Daten hoffentlich umsetzen - durch die Entwicklung neuer Medikamente, neuer Therapien, veränderter Medikamentenzusammensetzungen, etc. Eine verbesserte Datenlage und ein Zugang zu diesen Daten für Forschende erlaubt bessere und evidenzbasierte Entscheidungen und kann - vor allem im Gesundheitsbereich - Leben retten.

So eine Wirtschaft: Die Wirtschaftskolumne der "Wiener Zeitung". Vier Expertinnen und Experten schreiben jeden Freitag über das Abenteuer Wirtschaft.