Zum Hauptinhalt springen

Ein Verlustgeschäft, das sich jedoch bald als Goldgrube erweisen könnte

Von Matthias Greuling

Analysen

Rund um das Jahr 2000 begann das Schlaraffenland für Musik-Liebhaber. Denn damals konnten Audiodateien unlimitiert (und illegal) auf der Tauschbörse Napster getauscht werden. Napster ist längst zur legalen Bezahlplattform geworden, das Problem ist geblieben: Nach wie vor werden Millionen Songtitel und Videofilme illegal über das Internet getauscht, gestreamt oder heruntergeladen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Nach aktueller Rechtsansicht macht man sich in Österreich nicht strafbar, solange man Lieder und Filme ausschließlich zum privaten Zweck aus dem Netz lädt - jedoch ist diese Praxis nicht ausjudiziert. Was sich nun mit dem Vorstoß des Vereins für Antipiraterie ändern könnte, der eine Musterklage gegen den Provider UPC einbringen will. Denn der Schaden ist enorm: Wenn über illegale Plattformen etwa ein Film 40.000 Mal angeklickt wird und man davon ausgeht, dass nur zehn Prozent deswegen keine DVD gekauft haben, wird der Verlust der Filmwirtschaft deutlich.

Zahlen zur Entwicklung kommen von einer Studie über die Kreativwirtschaft in der EU, die derzeit 14 Millionen Arbeitsplätze sichert. Internet-Piraterie sorgte bereits 2008 für Umsatzeinbußen in Höhe von 10 Milliarden Euro und für den Verlust von 185.000 Arbeitsplätzen. Die Studie rechnet hoch, dass bis 2015 mehr als 240 Milliarden Euro Schaden entstehen und 1,2 Millionen Menschen ihren Job verlieren werden.

In Frankreich greift nun sogar der Staat ein: Dort wird es für Jugendliche bis 25 schon bald eine Musik-Karte geben, mit der man Songs im Wert von 50 Euro einkaufen kann, aber nur die Hälfte tatsächlich bezahlen muss. 50 Millionen Euro kostet das den französischen Steuerzahler.

Doch es gibt einen Gegentrend: Viele sind schon zum bezahlten Download übergegangen. Songs sind für wenig mehr als einen Euro zu haben, Filme für unter fünf Euro. Noch dazu gibt es beim Bezahldown load kein Risiko, sich Computerviren einzufangen, und die Qualität ist in der Regel auch besser als bei illegal gezogenen Kopien.

Hinter dem Kampf gegen die illegalen Downloads steckt allerdings ein Megatrend: der langsame Abschied von alteingesessenen Medienkonsumationsformen wie Kino, TV oder DVD. Der physische Datenträger - von CD bis Blu-ray - hat keine Zukunft, denn mit steigender Verbreitung von High-Speed-Internet wird künftig der gesamte Medienkonsum rein virtuell funktionieren.

Was zunächst wie ein Verlustgeschäft für die Film- und Musikindustrie aussieht, könnte sich jedoch zur Goldgrube entwickeln. Für die Rechteinhaber an digitalem Inhalt ist die Entwicklung ein Wahnsinnsgeschäft: Für die Bereitstellung von Musik und Film muss kein Datenträger mehr gebrannt, bedruckt und vertrieben werden - was Einsparungen bringt und sich am Ende in niedrigeren Verkaufspreisen mit höheren Spannen auswirkt. Der klassische Handel sollte diesen Trend nicht verschlafen.

Siehe auch:Kein Zutritt für Netzpiraten