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"Ein verstärkter staatlicher Eingriff ist schon sinnvoll"

Von Stephanie Dirnbacher

Wirtschaft

Wirtschaftsexperte Holoubek über mehr Regulierung im Kapitalmarkt. | Ausgleich des Informationsungleichgewichts. | Wien. Wie viel Verantwortung soll der Staat im Kapitalmarkt übernehmen? Diese Frage wird derzeit nicht nur auf internationaler Ebene heiß diskutiert. Auch beim Österreichischen Juristentag am Donnerstag ging es um die staatliche Regulierung dieses Sektors.


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"Ich halte einen verstärkten staatlichen Eingriff für durchaus sinnvoll", erklärte Michael Holoubek, Professor für öffentliches Recht an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, gegenüber der "Wiener Zeitung".

Laut Holoubek zeichnet sich der Kapitalmarkt durch ein Informationsungleichgewicht sowie durch stark vernetzte Marktteilnehmer aus. Das sollte ausgeglichen werden - hier tritt der Staat auf den Plan.

Bei der Regulierung von Märkten geht der staatliche Eingriff über eine bloße Wirtschaftsaufsicht, die lediglich der Abwehr von Gefahren dient und sicherstellen soll, dass der Markt funktioniert, hinaus. Der Staat wird hier aktiv und präventiv tätig, um Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und einen funktionierenden Wettbewerb aufrecht zu erhalten.

Die Paradebeispiele für staatliche Regulierung sind die Infrastrukturmärkte wie etwa Telekommunikation, Eisenbahn, Energie oder Post. In diesen Bereichen zielt der Eingriff darauf ab, einen Ausgleich zwischen den ehemaligen Monopolisten und den neuen Marktteilnehmern und damit faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

Die Regulierungsbehörden steuern etwa den Marktzugang ein, indem sie Konzessionen erteilen, und regeln über Preisbestimmungen oder die Genehmigung von allgemeinen Bedingungen das Verhalten der betroffenen Unternehmen.

Strukturelles Problem

Anders ist die Lage freilich beim Kapitalmarkt. "Hier funktioniert der Wettbewerb ja schon", sagte Holoubek. Den Grund für eine Regulierung sieht er eben in den Informationsasymmetrien. Dem könnte man entgegenwirken, indem der Finanzmarktaufsicht mehr Befugnisse eingeräumt werden, sodass diese etwa den Banken Vorsorgemaßnahmen und mehr Informationspflichten bei bestimmten Kreditgeschäften vorschreiben kann. Während es sich bei dem Informationsungleichgewicht im Kapitalmarkt um ein "strukturelles Problem handelt, das sich wahrscheinlich nie ändern wird", hält Holoubek die Regulierung der Infrastrukturmärkte nur für vor übergehend notwendig. "Hier geht es um ein ehemaliges Monopol, die Regulierung ist daher nur ein Übergangsphänomen, das enden kann", erklärte der Universitätsprofessor. Wolfgang Urbantschitsch von der Energie-Control GmbH erkennt eine solche Entwicklung bereits im Telekommunikationsbereich.

Öffentlichkeitsarbeit

Abgesehen von ihren präventiven Aufgaben haben Regulierungsbehörden eine zentrale Bedeutung für die Öffentlichkeit. Urbantschitsch unterstrich beim Juristentag die Informationsarbeit der Regulierungsbehörden. "Das schafft Markttransparenz. Der Markt lebt davon, dass die Leute wissen, dass sie Anbieter wechseln können", betonte er.

Kritisiert wurde von den Experten beim Juristentag die unklaren Organisationsvorgaben für Regulierungsbehörden. Laut Holoubek sind manche weisungsgebunden, andere nicht. Auch Urbantschitsch monierte, "dass die Zuständigkeiten zwischen den Regulierungsbehörden und den Ministern nicht immer klar sind". Ob private Einrichtungen oder Verwaltungsbehörden als Regulator eingesetzt werden, ist dem Staat überlassen.

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