Umstrittener Berater bei Hypo-Verkauf kassierte Millionen von Landesholding.
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Wien/Klagenfurt.
Zweimal hat bereits die Staatsanwaltschaft in der Causa ermittelt (eine Anklage blieb damals allerdings aus), einmal der Kärntner Landesrechnungshof ein kritisches Urteil gefällt. Insgesamt elf Gutachter befassten sich bisher mit dem Thema - der vorerst letzte, Universitätsprofessor Waldemar Jud, bezeichnet sein Gutachten vom Dezember 2011, das der "Wiener Zeitung" vorliegt, gar nicht mehr als solches, sondern bereits als "Forschungsprojekt". Fast schon überraschend fordert die Affäre Birnbacher nun aber doch noch ein politisches Opfer.
Nachdem der Kärntner ÖVP-Chef Josef Martinz drei Jahre lang versucht hat, die Kritik am Millionenhonorar für den Villacher Wirtschaftsprüfer Dietrich Birnbacher auszusitzen, ist er am Montag als Wirtschaftslandesrat und Aufsichtsratschef der Kärntner Landesholding zurückgetreten. Grund dafür ist, dass Martinz - beim dritten Anlauf der Staatsanwaltschaft - nun fix mit einer Anklage rechnet.
Zur Erinnerung: Als die Landesholding im Frühjahr 2007 Anteile der Kärntner Hypo an die Bayerische Landesbank verkaufte, engagierten der damalige Landeshauptmann Jörg Haider und Martinz Birnbacher als Verhandlungsführer. Die Landesholding erfuhr davon zehn Monate später, als Birnbachers Honorarforderung von mehr als 12 Millionen Euro einlangte. Rechtlich gesehen hatten Haider und Martinz den Wirtschaftsprüfer als Privatpersonen beauftragt, per Gesetz musste jedoch die Landesholding die Kosten übernehmen, wenn die Beauftragung zu ihrem Vorteil erfolgte.
Seit Bekanntwerden der Angelegenheit gibt es aber gravierende Bedenken an der Angemessenheit des Honorars. Nach einem Sturm der Entrüstung akzeptierte Birnbacher - übrigens der frühere Steuerberater Martinz’ - einen "Patriotenrabatt" und erhielt letztlich sechs Millionen Euro.
Die Vorstände der Landesholding und Martinz sehen dies durch zahlreiche Gutachten abgesichert, allerdings kommt der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Experte Frank Schäfer zum Schluss, dass nur bis zu 200.000 Euro netto angemessen gewesen wären. Zu allem Überdruss hat Birnbacher zuletzt selbst bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt, er wäre auch mit zwei Millionen Euro einverstanden gewesen.
Mehrere Anklagen?
Unklar blieb, weshalb Martinz gerade am Montag den Rücktritt erklärt hat. Der Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft zur Causa Birnbacher liegt bereits seit einigen Wochen im Justizministerium, über eine Anklage wurde offiziell noch gar nicht entschieden. Martinz verwies laut APA jedoch auf "Informationsquellen" und deutete an, dass auch Birnbacher und die beiden Vorstände der Landesholding angeklagt würden. Alle haben jedes Fehlverhalten immer bestritten.
Tatsächlich ortet Jud in seinem sogenannte "Übergutachten" keine Sorgfaltspflichtverletzung der Vorstände oder der Aufsichtsratsmitglieder der Landesholding. Allerdings nimmt der Experte keine neuerliche Prüfung der Angemessenheit des Honorars vor. Für denkbar hält Jud, dass in einem Strafverfahren "Feststellungen und Schuldsprüche" getroffen werden, die dazu führen, dass eine mit Birnbacher geschlossene Rückfoderungsklausel greift. Allerdings könnte dann der ursprüngliche Anspruch des Wirtschaftsprüfers gegenüber Haider (seinen Erben) und Martinz von 12 Millionen Euro wieder aufleben.
Bisher nur eine Überschrift findet sich zum Thema Birnbacher übrigens im Berichtsentwurf der Grünen zum Kärntner Hypo-U-Ausschuss, der der "Wiener Zeitung" vorliegt. Hier sollen zunächst noch schriftliche Stellungnahmen der Gutachter abgewartet werden. Martinz selbst will übrigens nach einem allfälligen Freispruch als Landesrat in die Regierung zurückkehren: Es sei ihm immer noch völlig unverständlich, wie es zur Anklage kommen konnte, er sei aber froh, dass es nun eine klare richterliche Entscheidung geben werde. "Mein Kollege (Haider, Anm.) raste in den Tod, ich habe jetzt einen Schauprozess am Hals."
Reaktionen
Die Reaktionen auf den Rücktritt des Kärntner ÖVP-Chefs Josef Martinz als Landesrat fielen wie erwartet unterschiedlich aus.
So meinte der SPÖ-Landesparteivorsitzende Peter Kaiser, durch den Rücktritt "orte ich bei der ÖVP zumindest eine andere Qualität von Verantwortungswahrnehmung, als bei FPK-Obmann Scheuch, der trotz einer erstinstanzlichen Verurteilung an seinem Amt festhält". Kaiser sprach sich abermals für Neuwahlen in Kärnten aus – schließlich liege der Neuwahlantrag der SPÖ schon seit einem Jahr auf dem Tisch. Ähnlich der Grüne Rolf Holub: Martinz’ Rücktritt sei "längst überfällig, aber insgesamt zu wenig", sagte er und forderte auch dessen Rückzug als ÖVP-Landeschef. Sein Nachfolger als Landesrat, Achill Rumpold, sei genauso in die Birnbacher-Causa verstrickt gewesen, sagte Holub. Auch BZÖ-Bundesobmann Josef Bucher verlangte sofortige Neuwahlen in Kärnten. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache tat das freilich nicht, bezeichnete aber dennoch Martinz als "sehr erfolglosen ÖVP-Politiker".
Auch der Kärntner FPK-Obmann Uwe Scheuch lehnte Neuwahlen ab: "Wir haben stabile politische Verhältnisse und eine funktionierende Koalition." Er müsse den Schritt von Martinz zur Kenntnis nehmen, bedauere ihn aber, sagte Scheuch.
Siehe auch:Analyse "Kärntner Revolution"