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Ein Viertel des Essens landet im Müll

Von Sophia Freynschlag

Politik
Viele Lebensmittel werden ungeöffnet weggeworfen.Foto: bb

Verschwendung von Lebensmitteln verschärft die Ernährungskrise. | Wien. Während knapp eine Milliarde Menschen hungert, werden anderswo Lebensmittel verschwendet. "Es werden bereits genug Kalorien produziert, um alle Menschen zu ernähren", sagt Rafael Schneider von der deutschen Non-Profit-Organisation Welthungerhilfe. Durch die Verschwendung von Essen steige die Nachfrage der EU und Industrienationen, die sich dann auch aus Anbauflächen in Entwicklungs- und Schwellenländern versorgen müssten.


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Die Europäische Kommission kritisiert, dass ein Viertel der gekauften Speisen und Getränke in den Privathaushalten der EU weggeschmissen wird, wie eine Untersuchung des britischen Waste & Resources Action Programme zeigt.

Eine Studie der Boku hat ergeben, dass in Österreich sechs bis zwölf Prozent an originalverpackten oder nur teilweise verzehrten Nahrungsmitteln im Restmüll landen. Umgerechnet ergibt das 10 bis 20 Kilo pro Österreicher und Jahr, in Wien sind es bis zu 40 Kilo. Dazu kommen sechs Prozent Speisereste in den Müll. "Konsumenten sollten überlegen, wie viel Geld sie in Form von Lebensmitteln jede Woche wegwerfen", sagt Elmar Schwarzlmüller von der Umweltberatung.

Wenn die Form nicht passt, wird aussortiert

Nicht alle Lebensmittel schaffen es überhaupt vom Acker bis auf den Teller: Die Schätzungen der auf dem Weg verlorenen Menge reichen von 30 bis 50 Prozent. Die Ernährungskrise wird verschlimmert, weil es an Transportwegen, rechtzeitiger Verarbeitung oder Kühlung fehlt, kritisiert die Umweltorganisation WWF.

"Wenn die Ware nicht die gewünschte Form hat und damit nicht zur Handelsklasse eins zählt, kommt sie nicht in den Handel", sagt Elke Raschbacher von der LGV Frischgemüse. Ist Gemüse zum Verkauf geeignet, genügt aber nicht den Kundenansprüchen, geht es an Sozialmärkte.

Mit Juli 2009 wurden zwar 26 EU-Vermarktungsnormen aufgehoben, krumme Gurken sind seitdem wieder erlaubt. Für zehn Obst- und Gemüsearten bestehen weiter Normen - etwa für Äpfel und Tomaten. Dazu kommen die Ansprüche der Konsumenten, die lieber zu schöner, wohlgeformter Ware greifen. Teilweise bleiben Bauern dadurch auf zu großem oder zu kleinem Obst und Gemüse sitzen. "Es ist schwierig, solche Lebensmittel in andere Verwertungsschienen zu bringen", so Felicitas Schneider von der Boku. Auch Tiefkühlkost mit zu kurzer Restlaufzeit bis zum Mindesthaltbarkeitsdatum werde vom Handel nicht übernommen, sondern Monate vorher entsorgt. In der Industrie und im Handel werden genießbare Lebensmittel entsorgt, wenn sie falsch etikettiert, beschädigt oder nicht mehr in die Saison passen. Gleichzeitig steht der Handel unter Druck, volle Regale bis Ladenschluss zu bieten.

"Es hat sich aber ein Sinneswandel vollzogen. Die Kunden haben Verständnis, wenn ihr Lieblingsbrot dann nicht mehr da ist", sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Nicht verkaufte, noch genießbare Lebensmittel wie Brot, Gebäck, Milchprodukte, Obst und Gemüse gehen an karitative Organisationen, wie Rewe und Spar betonen. "Nur wenn etwas schlecht ist, wird es über den Abfall entsorgt", so Berkmann.