Parlamentarier warnen vor möglichen Gesundheitsschäden durch Sparlampen. | Brüssel pocht auf Einsparungspotenzial. | Brüssel. Kurz vor Weihnachten sorgen die beiden deutschen EU-Parlamentarier Herbert Reul von der CDU und Silvana Koch-Mehrin von der FDP mit einem altbekannten Thema für Aufregung. Das vor eineinhalb Jahren endgültig von der EU beschlossene Auslaufen der Glühfadenlampe stört Reul, den streitbaren Vorsitzenden des Industrieausschusses, seit langem. | Der schwierige Abschied von der Glühbirne
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"Ich werde alles tun, um das Glühbirnenverbot in der EU doch noch zu kippen", sagte er der deutschen Zeitung "Die Welt". Er beruft sich bei seinem neuen Vorstoß auf einen gut zwei Wochen alten Bericht des deutschen Umweltbundesamtes. Darin heißt es, dass zerbrochene Energiesparlampen gesundheitsschädlich seien, weil dann das darin enthaltene Quecksilber entweicht.
Auch Koch-Mehrin verlangt, dass die Energiesparlampen, die "laut wissenschaftlichen Erkenntnissen zu erheblichen Gesundheitsschäden führen können", verboten werden und nicht die "beliebten Glühbirnen". Der österreichische SPÖ-Europaabgeordnete Jörg Leichtfried stellte sich am Mittwoch hinter die Initiative der beiden Deutschen: "Mit dem Glühbirnen-Verbot sind die Kommission und die Vertreter der Mitgliedstaaten über das Ziel hinausgeschossen. Leider hatten wir Parlamentarier keine Möglichkeit, dieses Verbot zu kippen", erklärte er. Energieeffizienz sei zwar wichtig, dürfe aber nicht auf Kosten der Gesundheit gesteigert werden. "Deshalb muss das Verbot sofort ausgesetzt werden", fordert Leichtfried.
Kaum Erfolgschancen
Die Aussichten auf einen baldigen Erfolg der neuen Initiative für den Erhalt der Glühbirne sind aber so gut wie nicht existent. Abgesehen davon, dass niemand ein geltendes EU-Gesetz unverzüglich aussetzen kann, schloss die Kommission eine Neufassung umgehend aus. Nur sie könnte die Änderung der geltenden Regelung durch eine komplette Neuvorlage der Glühbirnenverordnung anstoßen, die im Zuge eines komplexen Gesetzgebungsprozesses entstanden ist.
Konkret handelt es sich um eine Umsetzungsbestimmung der bereits 2005 von Mitgliedsstaaten und EU-Parlament beschlossenen Ökodesign-Richtlinie, die Energieeinsparungen durch den Einsatz moderner Technologien zum Ziel hat. In ihren Gipfelbeschlüssen vom März 2007 verlangten die EU-Regierungschefs explizit "rasche Vorschläge für strengere Energieeffizienzbestimmungen für Glühlampen". Das EU-Parlament urgierte die zeitgerechte Umsetzung im Jänner 2008. Die Energieminister der Mitgliedsstaaten - für Österreich Martin Bartenstein - forderten eine rasche Glühbirnenentscheidung im Herbst 2008.
Nach dem Beschluss des Verbots im Dezember desselben Jahres durch ein Komitee von Experten der Mitgliedstaaten unter Vorsitz der Kommission hatte das EU-Parlament erneut die Möglichkeit, das Projekt zu stoppen. Im zuständigen Umweltausschuss lehnten jedoch 44 gegen 14 Abgeordnete einen Einspruch ab. Leichtfried zufolge hatte allerdings die rechtlich unklare Lage den Ausschlag für den Ausgang der Abstimmung gegeben. Es sei nicht um eine inhaltliche, sondern um eine prozedurale Entscheidung gegangen. Im Falle eines Einspruchs hätten Parlament und Ministerrat noch einmal über das Glühbirnenverbot entscheiden dürfen.
Die Kommission argumentiert ihr Festhalten an der endgültigen Abschaffung der Glühbirne ab 2012 aber damals wie heute mit den massiven Energieeinsparungsmöglichkeiten. 40 Milliarden Kilowattstunden Strom pro Jahr könne sich die EU durch den Bann der ineffizienten Glühfadenlampen ersparen - das ist in etwa der gesamte Jahresverbrauch von Rumänien.
Bessere Warnhinweise
Die Wissenschafter der EU-Kommission sähen im Übrigen keine Gefahr durch die minimalen Quecksilbermengen in den Energiesparlampen, sagte die Sprecherin von Energiekommissar Günther Oettinger. Der gegenwärtige Grenzwert von 5 Milligramm Quecksilber pro Birne werde dennoch bis 2013 vorsichtshalber auf höchstens 2,5 Milligramm gesenkt. Auf den Verpackungen der Energiesparlampen werde es zudem künftig auch den Hinweis geben, dass im Fall des Zerbrechens ordentlich gelüftet werden muss. Der Test des Umweltbundesamtes basierte auf einem Sample von zwei zerbrochenen Lampen in einem geschlossenen Raum.
Am Rande
Die Glühbirne als Überdrüber-Heizung
Mit einer besonders findigen Idee versucht ein deutscher Ingenieur das Glühbirnenverbot der EU zu umgehen. Siegfried Rotthäuser verkauft die Lampen nämlich übers Internet als Heizung. Die "Heatballs" genannten Geräte produzierten zu 95 Prozent Wärme, beteuert der 49-Jährige. "Der Wirkungsgrad ist extrem hoch." Und Rottenhäuser versichert, dass die Leuchtwirkung während des Heizvorgangs produktionstechnisch bedingt, aber völlig unbedenklich sei. Bis jetzt haben die aus China importierten "Kleinheizgeräte" jedenfalls reißenden Absatz gefunden. Bis Ende Oktober wurden 40.000 Stück verkauft. Ob Rotthäuser, der das Ganze auch als Kunstprojekt sieht, noch eine dritte Tranche unters Volk bringen kann, ist aber fraglich. Die Behörden sind rechtlich bereits in Stellung gegangen.