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Der Ukraine-Krieg drängt die Kampagnen vor der französischen Präsidentschaftswahl in den Hintergrund.
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Je näher die französische Präsidentschaftswahl rückt, desto weiter erscheint sie in diesen Tagen entfernt. Für jene vier Frauen und acht Männer, die sich qualifiziert haben, weil sie bis zum nun abgelaufenen Stichtag die 500 notwendigen Wahl-Patenschaften sammeln konnten, ist die Situation heikel. Die Kandidaten der jeweiligen Parteien müssen versuchen, sich mit ihren Vorschlägen Gehör zu verschaffen und sich mit markanten Auftritten einzuprägen, während die Medien vor allem darüber berichten, wie in der Ukraine Bomben auf Schulen und Straßen, Wohn- und Krankenhäuser fallen und wie Europa einen Epochenwechsel durchlebt.
Die französische Wahlkampagne tritt da in den Hintergrund. Das ist verständlich und nicht anders denkbar. Trotzdem entgeht dem Land damit eine für die Demokratie wichtige Debatte um Ziele und Programme für die kommenden fünf Jahre. Der Eindruck, der nächste Präsident sei pro forma gewählt, weil es keine Zeit und keinen Raum für einen echten Wahlkampf gab, wäre fatal. Generell schaffen es in Frankreich seit Jahren Präsidenten nicht unbedingt ins Amt, weil sich ihre Wähler aktiv für sie entscheiden - sondern in erster Linie, um deren Gegner zu verhindern. In einer Stimmung des allgemeinen Politik-Verdrusses wählen viele das geringere Übel.
Vor fünf Jahren profitierte der damalige Newcomer Emmanuel Macron vom Straucheln der beiden bisherigen Volksparteien und von der Stärke der Rechtspopulistin Marine Le Pen, die er in der Stichwahl besiegte. In den fünf Jahren seiner Amtszeit ist Macron einiges gelungen, er konnte trotz Corona-Pandemie die wirtschaftliche Situation verbessern und die Arbeitslosenzahlen senken. Er hat aber auch Fehler gemacht und brachte viele Menschen gegen sich auf mit einem Politikstil, der oft arrogant und abgehoben wirkt.
Macron als absoluter Favorit
Macron muss sich seiner Bilanz stellen, doch gut einen Monat vor dem ersten der beiden Wahlgänge wird der Amtsinhaber zum absoluten Favoriten, ohne überhaupt für seine Vorschläge geworben zu haben. Aufgrund des Ukraine-Kriegs machte er seine Kandidatur erst im letzten Moment offiziell. Konnte er seit 2017 die Basis von 24 Prozent halten, die er damals im ersten Wahlgang erhalten hatte, so legte er zuletzt auf 30,5 Prozent zu. Seine Erfahrung im Amt und sein persönlicher Einsatz in diesem Konflikt heben ihn von allen Mitbewerbern ab. Heute zeigt sich, dass der französische Staatschef recht hatte, seit Jahren für ein unabhängigeres Europa mit einer gestärkten gemeinsamen Verteidigung einzutreten. Auch gehört er zu den wenigen, mit denen der russische Präsident Wladimir Putin immer noch regelmäßig spricht, auch wenn Macrons Vermittlungsversuche leider nicht gefruchtet haben.
Gleichzeitig müssen sich seine aussichtsreichsten Gegner für ihre jahrelange glühende Putin-Verehrung rechtfertigen, die von ideologischer Voreingenommenheit zeugt. Das gilt für den Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon sowie für die Rechtsextremen Marine Le Pen und Éric Zemmour. Die beiden Letzteren stützten in der Vergangenheit Putins verblendete Sicht auf die Ukraine, die angeblich kein Land sei. Sie lobten den russischen Präsidenten für seinen rücksichtslosen Nationalismus und bewiesen damit einmal mehr eindrücklich, dass sie völlig ungeeignet wären, Frankreich zu regieren. In den Umfragen fielen sie zuletzt ab. Ihr Versagen allein macht aus Macron allerdings noch keinen besseren Kandidaten. Doch aus heutiger Sicht sieht alles danach aus, dass ihm der aktuelle Kontext einmal mehr zum Sieg verhelfen könnte. Diesmal leider fast ohne Debatte.
Thema: Wahlen in Frankreich