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Ein Wahlkampf ohne Guerilla

Von Konstanze Walther

Politik

Kolumbien wählt am Sonntag einen neuen Präsidenten. Die Debatte dreht sich um die wirtschaftliche Entwicklung. Über die Zunahme an Gewalt in den ruralen Gebieten wird dagegen geschwiegen.


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Bogotá/Wien. Es ist die erste Präsidentschaftswahl seit mehr als 50 Jahren, die nicht von dem Kampf gegen Guerillatruppen geprägt ist. Zumindest nicht vordergründig. Aber dazu später.

Kolumbien wählt diesen Sonntag seinen nächsten Präsidenten. Oder besser gesagt, die Bevölkerung engt die Wahl auf zwei Kandidaten ein. Aller Voraussicht nach wird es einen zweiten Wahldurchgang geben. Prognosen zufolge wird niemand der fünf zur Wahl stehenden Männer im ersten Anhieb über 50 Prozent der Stimmen erreichen.

Die aussichtsreichsten Kandidaten für den zweiten Wahldurchgang könnten unterschiedlicher nicht sein. Erlebte Kolumbien nun eine Periode der moderaten konservativen Prägung mit dem scheidenden Präsidenten Juan Manuel Santos, so scheint die Bevölkerung nun extremeren Positionen den Vorzug zu geben.

Eine Stichwahl der Extremen

Der äußerst konservative Kandidat Ivan Duque führt mit zum Teil fast 40 Prozent alle Umfragen. An zweiter Stelle kommt den Umfragen zufolge inzwischen ein dezidiert linker Kandidat - Gustavo Petro macht immer mehr Boden gut und kommt auf gut 29 Prozent. Das ist insofern überraschend, als Kolumbien in der Vergangenheit dazu tendiert hat, neben den konservativen Fixstartern liberale/grüne Kandidaten in die zweite Runde bei Präsidentschaftswahlen geschickt hat.

"Kolumbien neigte immer dazu, eine Ausnahme in Südamerika zu sein", erzählt der Forscher Alejandro Mantilla vom gewerkschaftsnahen kolumbianischen Institut CED-INS im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Denn: "Wenn das Pendel im Rest des Kontinents auf die eine Seite ausschlägt, geht es in Kolumbien auf die andere Seite. In dem vergangenen Jahrzehnt war Südamerika von linken Regierungen geprägt, wir hatten dagegen mit Àlvaro Uribe die konservativste Regierung der Region. Und wir hatten noch nie eine linke Regierung", betont Mantilla, der bei seinem Wien-Besuch im Rahmen des Lateinamerika-Kolloquiums der Universität Wien einen Vortrag hielt.

Viele sehen in dem blutigen Konflikt mit der linksgerichteten Guerilla-Organisation Farc die Ursache dafür, dass linkes Gedankengut untypisch unpopulär ist. Mantilla führt dagegen den Klientelismus dafür ins Treffen- die immer gleichen Familien, die an der Macht sitzen, und genügend Netzwerke um sich haben, um einen Machtwechsel zu verhindern.

In Kolumbien wird die Debatte um die Präsidentschaftswahlen denn auch von wirtschaftlichen Fragen geprägt. Mehr Freiheiten für die Unternehmen (Duque) oder ein Ausstieg aus einem von der Ausbeutung von Rohstoffen geprägten Wirtschaftsmodell (Petro). Der Nachbar Venezuela dominiert als Negativbeispiel die Debatte - schließlich stand im Krisenland Venezuela eine sozialistische Regierung am Anfang des wirtschaftlichen Zerfalls und des Autoritarismus.

Die verwaisten Farc-Regionen

Früher dominierte der Umgang mit der Farc die Präsidentschaftswahlkämpfe. Santos ist etwa mit dem Versprechen gewählt worden, ein Abkommen mit der Farc zu erzielen. Doch der 2016 unterzeichnete historische Friedensvertrag ist in vielen Bereichen noch nicht erfüllt worden. Zwar ist die Guerilla-Truppe offiziell entwaffnet und es sitzen Vertreter der Farc nun im Parlament. Doch es sind noch immer viele inhaftiert, bei denen man nicht weiß, wie es weiter gehen soll. Und, entscheidend für die Zukunft Kolumbiens: Die Koka-Bauern, die eine wichtige finanzielle Ressource für die Farc erwirtschaftet haben, sind von der Regierung allein gelassen worden. Man verlangt von ihnen, eine andere Einkommensquelle zu finden, ohne ihnen dabei zu helfen. Die von der Farc geräumten Regionen sind zudem nun zunehmend umkämpft von neuen wie alten bewaffneten Gruppen, etwa Paramilitärs, Drogenhändlern, Ex-Guerilleros. Die Zahl der Toten in dem Konflikt steigt seit dem Friedensabkommen an.

Kandidat Duque verspricht, bei seiner Wahl sämtliche Koka-Felder dem Erdboden gleichzumachen. Petro wirbt damit, den Farmern mit neuer Infrastruktur unter die Arme zu greifen.