Proponenten von Bildung, Forschung und Innovation fordern Konzentration auf Zukunftsthemen.
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Wien. Kein Thema für die Nationalratswahlen am 29. September sind Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation. Die Slogans auf den Wahlplakaten priorisieren anderes, und bis auf Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger (die bezeichnenderweise mit "Bildung über alles stellen, macht sonst keiner" wirbt) haben keine Spitzen-Kandidatinnen und Kandidaten diesen Zukunftsbereich ins Spiel gebracht. Vor diesem Hintergrund melden sich prominente Vertreter von Wissenschaft und Bildung zu Wort. Sie fordern einen Fokus auf die Zukunftsthemen.
Mit einem Fragenkatalog an die wahlwerbenden Parteien erinnern der Rat für Forschung (RFT) und Technologieentwicklung und die Proponenten des Bildungsvolksbegehrens 2011 an ihre Forderungen. "Der Wahlkampf ist von einer lähmenden Inhaltslosigkeit. Man befasst sich mit Oberflächlichkeiten, während man mit der Gießkanne viel Geld verteilt", kritisiert RFT-Vorsitzender und Volksbegehrens-Initiator Hannes Androsch. "Aber ohne Innovationsdynamik, wo wir ohnedies hinten nach sind, werden sich die die großen Herausforderungen an Wirtschaft und Gesellschaft nicht lösen und werden wir den Fortschritt in Österreich nicht steigern."
In dem Fragenkatalog thematisieren der RFT Forschung und Innovation und die Ex-Volksbegehrer Bildung. Der Forschungsrat verweist auf seine Empfehlungen, über eine Exzellenzinitiative die im Wettbewerb zu vergebenden Forschungsmittel zu steigern, damit mehr Top-Forschung gefördert werden kann. Androsch pocht auf die Umsetzung der Ratsforderung nach der Einrichtung eines "Zukunftsfonds für Wissenschaft, Forschung und Innovation", der für zehn Jahre ein Gesamtvolumen von 30 Milliarden Euro bereitstellen soll. Kritikern, die diese Summe als hoch gegriffen ansehen, entgegnet Androsch: "Die 30 Milliarden sind kein Problem, wenn man sieht, wie eine Milliarde nach der anderen hinausgepfeffert wird, in der Annahme, die Gunst von Wählergruppen zu gewinnen." Der RFT begehrt Weiters eine verbindliche Auskunft, bis wann die Wahlwerber das geplante Forschungsfinanzierungsgesetz mit Zahlen versehen wollen, die einer "nachhaltigen Forschungsfinanzierung" gerecht werden.
Die Proponenten des Bildungsvolksbegehrens, das 2011 knapp 400.000 Unterschriften erreichte, werben erneut für Ganztags- und gemeinsame Schulen. Ihnen geht es um die Umsetzung ihrer Forderungen nach gesicherter frühkindlicher Betreuung, elementarpädagogischer Ganztagsbetreuung im Vorschulalter und verschränkter Ganztagsschulen, einer gemeinsamen Schule und einer höheren Dotierung der Hochschulen.
"Der wertvollste Rohstoff"
Ob es gelingt, politische Aufmerksamkeit zu erlangen, muss sich weisen. Das Interesse bei den Wählern wäre jedenfalls da, findet Klement Tockner, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF. "Man könnte damit punkten, gerade jetzt, mit dem gestärkten Bewusstsein für unsere Verantwortung für die nachkommenden Generationen", betont Tockner, mit Verweis auf die "Fridays for Future-Bewegung zum Klimawandel.
Der FWF-Chef geht davon aus, dass das Forschungsfinanzierungsgesetz mit einem finanziellen Wachstumspfad ausgestattet werden und auch die geplante Exzellenzinitiative in einem neuen Regierungsprogramm Eingang finden wird, "unabhängig in welcher Koalition. Es ist für alle Politiker ja sonnenklar, was zu tun ist, um die Zukunft unserer Kinder zu sichern und die besten Forscherinnen und Forscher aus aller Welt anzuziehen und mit ihnen die innovativsten Unternehmen. Wissen ist der wertvollste Rohstoff, den wir haben", erklärt Tockner auf Anfrage der "Wiener Zeitung".
"Nur mit einem entsprechenden Finanzierungspfad wird es möglich sein, in Zukunftstechnologien zu investieren und den heimischen Standort wettbewerbsfähig zu halten", sagt Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der Forschungsförderungsgesellschaft FFG. Derzeit sei man "in guten Gesprächen" mit Entscheidungsträgern.
"Was ich mir wünsche, sind klare Reaktionen der Parteien auf die Forderungen der Forschungslandschaft, die krass unterfinanzierte Wissenschaftsförderung endlich auf internationales Niveau zu heben", meint Michael Stampfer, Geschäftsführer des Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds. "Die Schweiz und andere kleine Länder zeigen uns, wie entscheidend das auch für eine innovative Industrie ist." Es bleibt zu hoffen, dass sich die Wünsche erfüllen.