Zum Hauptinhalt springen

"Ein wahnsinniges Signal"

Von Karl Ettinger

Politik

In Partenen im Vorarlberger Montafon wurden für die Volksschule keine Lehrer gefunden, die Schule bleibt daher geschlossen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 2 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Das Unheil hat sich schon abgezeichnet. Inzwischen steht es fest, dass die 15 Kinder am Montag beim Schulstart in West- und Südösterreich nicht mehr zu Fuß in die örtliche Volksschule gehen können, sondern dafür per Bus in die rund vier Kilometer entfernte Volksschule in Gaschurn gebracht werden müssen. Etwa 400 Einwohner zählt Partenen im hinteren Montafon. Weil sich die bisherige Hauptlehrerin als Logopädin selbständig gemacht hat, bleibt das Schulhaus in der Vorarlberger Kleingemeinde geschlossen.

Noch einen zweiten Ort in Vorarlberg trifft dieses Schicksal: Wald am Arlberg. Dort müssen zwölf Kinder den längeren Schulweg nach Dalaas in Kauf nehmen. Die Schulschließungen sind eine Konsequenz des Umstandes, dass im Ländle wenige Tage vor Beginn des Schuljahres noch gut ein Dutzend Lehrerposten im gesamten Bundesland nicht besetzt werden können, wie die Bildungsverantwortlichen trotz aller Bemühungen um mehr Pädagoginnen und Pädagogen eingestehen mussten. In anderen, etwas größeren Schulen können sich Schulleiter und Bildungsdirektor noch mit mehr Stunden für andere Lehrkräfte helfen. In Partenen geht es ohne Hauptlehrerin, die bisher teilweise von Lehrerinnen aus Gaschurn unterstützt wurde, nicht.

Moderne Technik, die nicht gebraucht wird

Der Sohn von Ruth und Josef Tschofen, der in die vierte Klasse Volksschule kommt, ist eines der von der Schulsperre betroffenen Kinder. "Auf alle Fälle ist es jetzt schwieriger", erzählt die Mutter. Das Paar führt die Pension Valbella im Ortszentrum, eingerahmt von einer herrlichen Bergkulisse, das vor allem auch Familien Erholung bietet. Was Ruth Tschofen gar nicht in den Kopf gehen will, ist auch der Umstand, dass die Volksschule in Partenen erst im vergangenen Schuljahr mit Multimedia-Tafeln ausgestattet worden ist. Moderne Technik - die zumindest in diesem Jahr nicht gebraucht wird. "Ich würde es verstehen, wenn wir keine Kinder mehr hätten", sagt die Mutter. Aber das sei nicht der Fall. Im Gegenteil: Mit der Errichtung eines Wohnblocks mit Mietwohnungen ist der malerische Ort im Montafon gerade für jüngere Menschen attraktiver geworden.

Die Bedeutung der Volksschule geht für Familie Tschofen weit über jene einer Ausbildungsstätte für ihre Kinder hinaus. "Es fehlt ein Stück Dorfleben", fasst sie die unerfreuliche Entwicklung zusammen. Ihr Mann kann ein Lied davon singen, schließlich ist er als Vizebürgermeister mit der intensiven Suche nach einer Erstatzlehrkraft beschäftigt gewesen. Sogar privat habe man mit Inseraten auf Social-Media-Kanälen versucht, eine neue Lehrerin zu finden. Bisher ohne Erfolg. Jetzt richten sich die Hoffnungen schon darauf, ab September 2023 die Schule mit einer neuen Lehrkraft wieder öffnen zu können.

Auch der Vizebürger fürchtet, dass dadurch das Halten junger Menschen und Familien in dem Ort mit rund 400 Einwohnern schwieriger werde: "Es sind junge Familien im Ort. Darum ist das ein wahnsinniges Signal", bedauert Josef Tschofen die Schließung der Volksschule. Dabei seien gerade zuletzt wieder mehr Junge nach Partenen gezogen. Das habe sich in der jüngeren Vergangenheit nämlich etwas geändert. "Wenn die Schule wegfällt, ist soziales Leben weg", befürchtet der Vizebürgermeister.

Im Ort gibt es sogar die Vermutung, dass die Schließung der Volksschule den Verantwortlichen für Bildung auf Landesebene gar nicht so ungelegen komme. Denn der Wunsch gehe ohnehin dahin, derartige Kleinschulen wie in Partenen für immer loszuwerden. Aus Sicht der Betreuung ist das grundsätzlich logisch, weil einander in größeren Schulen Lehrer leichter aushelfen können. Dazu kommt, dass Vorarlberg wie auch andere Bundesländer generell mit einem Lehrermangel kämpft. In Vorarlberg wird deswegen, wie berichtet, zu einem Lockangebot gegriffen: Lehrkräfte aus anderen Bundesländern oder auch Quereinsteiger erhalten eine Prämie bis zu 6.500 Euro zu ihrem regulären Gehalt dazu, wenn sie sich im Gegenzug verpflichten, zwei Jahre lang in Vorarlberg zu unterrichten. Der Vizebürgermeister ist sich bewusst, dass der allgemeine Lehrkraftmangel überall im Ländle Kopfzerbrechen bereitet.

373 neue Lehrer vom Land eingestellt

Landesstatthalterin Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) hat bereits am Dienstag nach der Sitzung der Landesregierung betont, wie sehr man sich von Landesseite bemüht, genügend Personal für den Unterricht zu finden. Noch vor einer Woche seien 28 Stellen an Volksschulen unbesetzt gewesen, inzwischen seien es bis Dienstag nur noch 14: "Die Dynamik ist hoch." Für das beginnende Schuljahr habe man im Pflichtschulbereich insgesamt 373 Neulehrer respektive Wiedereinsteiger gewinnen können, deutlich mehr als im vergangenen Schuljahr. Da waren es 303. Die Bildungsdirektion des Landes hat eine eigene Recruitingstelle eingerichtet, was sich laut Bildungsdirektorin Evelyn Marte-Stefani bereits bewährt habe.

Zu den Größenordnungen: Für 54.592 Mädchen und Burschen beginnt in Vorarlberg kommende Woche das neue Schuljahr an 288 Schulen. Für 5.370 Kinder ist es überhaupt der erste Schultag in der Volksschule.