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Auch US-Soldaten im Kriegseinsatz in Afghanistan feiern das Fest der Liebe - wenngleich es für sie wenig Grund zum Feiern gibt. Ihre Motivation haben sie aber nicht eingebüßt.
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Weihnachtlich geschmückt mit blinkenden blauen und weißen Lichtern glänzt dieser Tage der Speisesaal der afghanischen US-Militärbasis Frontenac nördlich von Kandahar. Poster von Santa Claus hängen an der Wand, in der Mitte des Raumes ist für alle unübersehbar zu lesen: "Enjoy Meal." Zu Weihnachten sollen die 800 hier stationierten Soldaten endlich einmal abschalten können, sagt ihr Kommandant Jonathan Neumann. Weihnachten soll aber auch die Zeit sein, in Ruhe der seit August (damals kam das Bataillon hier an) 21 getöteten und 41 schwer verwundeten Kameraden zu gedenken. "Gefallen, aber nicht vergessen", steht unter der Auflistung ihrer Namen.
Ansonsten ist zu Weihnachten ausspannen angesagt, mit Sport, feierlicher Verleihung von Auszeichnungen und einem ganz speziellen Mahl. Da die Soldaten aber weiter Dienst tun müssen, wird sich ihre Weihnachtsfeier, abhängig vom Einsatzplan, über mehrere Tage hinziehen.
Generalstabschef Mike Mullen nahm mich zu diesem Weihnachtsbesuch in der Kriegszone mit. Auch bei seiner Weihnachtsansprache, für die die Soldaten ihre Gewehre unter dem Tisch verstauten, blinkten die bunten Lichter. "Ich weiß, es ist ein äußerst harter Kampf. In Gedanken bin ich bei den Gefallenen", sagte Mullen. Und er versicherte: "Wir haben die richtige Strategie."
Weihnachten ist eine gute Gelegenheit, einmal an die Soldaten zu denken, die auch diese Zeit fern der Heimat verbringen müssen. Die Diskussion über Afghanistan löste in den USA heftige Gefühle aus, pro und kontra. Einig scheint man sich nur bei der Wertschätzung für die Soldaten zu sein, die all die Anstrengung und Entbehrung dieses Krieges seit acht Jahren ertragen - ohne zu jammern. Soldaten sind meist stoisch, aber dieses Bataillon, das 17. Infanterieregiment, scheint besonders motiviert zu sein, auch noch, nachdem allein in zwei Wochen neun von ihnen getötet wurden.
Ihre Basis liegt in einer staubigen Ebene, umgeben von zerklüfteter Wildnis voll Taliban-Schlupflöchern. Anfang August hielten sich hier noch 150 Talibankämpfer erfolgreich verschanzt. Neumann sagte, seine Soldaten mussten sich den Weg zur Bevölkerung erst freikämpfen. Schon seit November ist die Lage besser: Taliban-Kader konnten getötet oder zerstreut werden, ihre Nachschubwege wurden zerstört. Und die lokale Bevölkerung hat daraufhin begonnen, die Soldaten mit nützlichen Informationen zu versorgen. Das ist es genau, was die Regierung von US-Präsident Barack Obama auch in anderen Teilen Afghanistans erreichen möchte. Dafür werden die zusätzlichen 30.000 Soldaten geschickt. Aber eines wird beim Besuch von Base Frontenac ebenfalls schmerzlich klar: Der Erfolg muss teuer bezahlt werden. Die neue Strategie bedeutet noch mehr Kämpfe, noch mehr tote und verwundete US-Soldaten.
Das 17. Infanterieregiment blickt auf eine lange Geschichte harter Kämpfe zurück. "Buffalos", die Büffel, diesen Spitznamen hat es aus dem Korea-Krieg, wo es in der Schlacht von Pork Chop Hill im Einsatz war, einem besonders blutigen Vorstoß, bei dem es um Gebiete mit strategisch umstrittenem Wert ging. Aber sogar diese Auseinandersetzung war für die Buffalos leichter einzuschätzen als die jetzige. Base Frontenac ist, trotz all der Mühe, sicher nicht der Ort, an dem irgendwer freiwillig die Weihnachtsfeiertage verbringen möchte, aber in all den Gesprächen mit den Soldaten habe ich keine einzige Klage gehört.
Weihnachten ist die Zeit des Friedens: Ich möchte meinen Weihnachtstoast daher auf all die Menschen ausbringen, die Frieden sogar zu dieser Zeit im Jahr entbehren müssen.
Übersetzung: Redaktion
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