In der Politik gehört das Tarnen und Täuschen zum Handwerk. Kein Wunder, dass da bei der Junktimierung der Novelle des Universitätsgesetzes mit dem Beschluss der Zentralmatura durch die SPÖ die Alarmglocken schrillen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Tatsächlich zeugt diese Verknüpfung zweier unzusammenhängender Sachbereiche von geringer politischer Finesse, doch das ist ohnehin nur etwas für Puristen. Was zählt, ist die politische Effizienz - und da hat der Schachzug durchaus Charme für die SPÖ.
Zunächst einmal wird kaum 24 Stunden nach der historischen Wahlniederlage der SPÖ bereits die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Das bindet Aufmerksamkeitspotenzial bei Journalisten und lenkt zumindest kurzfristig von der internen roten Malaise ab.
Bundeskanzler Werner Faymann ist angesichts seiner eigenen Festlegungen
- keine Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, keine Häuslbauer-Steuer - und der genau in die entgegengesetzte Richtung gehenden Forderungen der SPÖ-Basis beim Thema Steuern in einer "Loose-Loose"-Situation. Bei dem ebenfalls hoch ideologisierten Thema Bildung dagegen besitzt die SPÖ mehr Chancen für eine positive Profilierung.
Natürlich muss sich der Kanzler seinen Kritikern stellen, aber er gewinnt durch dieses Manöver wertvolle Zeit - und dass ab Mittwochabend ohnehin fast ganz Österreich feiertagsbedingt auf Kurzurlaub ist, schadet da auch nicht.
Ein weiteres Argument für das SPÖ-Junktim ist inhaltlicher Natur. Bildungsministerin Claudia Schmied will offensichtlich verhindern, dass sich die ÖVP bei einer neuerlichen Auseinandersetzung mit der Lehrergewerkschaft vornehm zurückhält. Dies war beim Budgetstreit der Fall, bei der Zentralmatura soll sich dies nach Schmieds Vorstellung nicht wiederholen.
Dass dafür der Moment, wenn ihr "schwarzer Spiegel" - Wissenschaftsminister Johannes Hahn - ein Herzensanliegen wie die Novelle zum Universitätengesetz in der Regierung durchbringen will, ein günstiger ist, musste selbst Hahn am Dienstag zugestehen. Zumal die Zeit für das Unigesetz mehr als drängt. Kommenden Dienstag ist der letztmögliche Termin für einen Beschluss im Ministerrat, damit die Universitätengesetz-Novelle zum 1. Oktober in Kraft treten kann. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Quotenvereinbarung mit Brüssel beim Medizinstudium unerlässlich.
Fürs Erste bemühen sich beide Koalitionsparteien, die Angelegenheit nicht eskalieren zu lassen. Unübersehbar ist jedoch, dass der Alltag in der Koalition bereits unmittelbar nach der EU-Wahl rauer geworden ist. Künftig werden wir wohl noch sehr oft das drohend klingende Wort Junktim hören und lesen. Profilierung heißt das neue Zauberwort.