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SPÖ und ÖVP wollen "Österreich weiterbringen" - Fahrplan bis 2013. | Kanzler und Vizekanzler machen sich für Euro stark. | Semmering. Die Kulisse könnte bezeichnender kaum sein. Das Hotel Panhans am Semmering, das die Regierung als Veranstaltungsort für ihre zweitägige Klausur auserkoren hat, verbreitet noch den staubigen Charme des feudalen 19. Jahrhunderts, gemischt mit dem Chic der 1980er Jahre. Und genau vor dieser Kulisse hat sich nun die große Koalition zur Halbzeit der Legislaturperiode und mit einem neuen ÖVP-Team selbst eine Entstaubungsaktion verordnet. | Ganztagsbetreuungsplätze werden bis 2015 verdoppelt | Arbeitspapier der Regierung
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Sieben Arbeitspakete
Unter dem Motto "Österreich weiterbringen" traf man sich bei strahlendem Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen, um die Streitereien der vergangenen Wochen hinter sich zu lassen. Zu diesem Zweck wurde ein "Fahrplan 2011- 2013" verabschiedet, in dessen Rahmen 90 Punkte in sieben Arbeitspaketen zu Themen wie Bildung, Wirtschaft und Gesundheit zusammengefasst wurden.
Demnach wollen SPÖ und ÖVP noch im Sommer den seit langem geplanten Pflegefonds durchwinken, bis zum Winter das Bundesamt für Asyl und Migration schaffen und bis 2013 die 100 Unabhängigen Verwaltungssenate zu neun Landesverwaltungsgerichten, einem Bundesverwaltungsgericht erster Instanz und einem Bundesfinanzgericht zusammenfassen.
Klingt alles irgendwie bekannt? Ist es auch. Nur, dass man sich jetzt eben auf einen konkreten Zeitplan geeinigt hat. Das bei der Regierungsklausur beschlossene sei nichts anderes als Aktualisierung des Regierungsübereinkommens, sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner dazu.
Keine Provokationen
Und damit die Regierung diesmal ihre Vorsätze auch erfüllen kann, wurden die besonders heiklen Themen schlicht und einfach ausgeklammert. So findet sich in dem Papier zwar ein Absatz zur Heeresreform - diese soll im Herbst auf den Weg gebracht werden -, nach der Wehrpflicht sucht man aber vergeblich. Gewohnt pragmatisch meinte Finanzministerin Maria Fekter dazu: "Wir haben uns auf jene Projekte konzentriert, zu denen es schon Vorarbeiten gibt und wo wir uns nicht schon gegenseitig Provokationen ausgerichtet haben." Nun wolle man die zweite Halbzeit in der Koalition nützen, um diese Projekte zu Ende zu bringen.
Den Umkehrschluss, dass man in der ersten Hälfte der Legislaturperiode nichts weitergebracht hat, wollte Josef Ostermayer, Staatssekretär im Bundeskanzleramt und Fekters Konterpart als Regierungskoordinator, nicht gelten lassen. "Wir haben im ersten Teil auch viel geschafft", sagte er - und gab sich "sehr optimistisch", dass die Koalition das Vorgenommene umsetzt.
Bekenntnis zum Euro
Eröffnet wurde die Klausur aber nicht mit einem klaren Bekenntnis zu mehr Arbeitseifer, sondern mit einem zum Euro: Während die zahlreich angereisten Journalisten schon leicht nervös dem angekündigten 90-Punkte-Papier harrten, stellten sich Kanzler Werner Faymann und Vize Michael Spindelegger hinter die eigens aus dem Bundeskanzleramt herbeigekarrten modernen Stehpulte und "huldigten" der Einheitswährung, wie die Austria Presse Agentur treffend vermeldete. Österreich sei in der Eurozone ein "stabiler Faktor" und einer der wenigen Staaten mit AAA-Rating, sagte Faymann. Außerdem habe das Land vom Euro profitiert - daher wolle man sich den Aufgaben in der Eurozone stellen, "wie hart sie auch noch werden", sagte der Kanzler mit Blick auf Griechenland.
Spindelegger, der auf ein europäisches Thema gedrängt haben soll, sprach sich gegen die "gefährliche Schilling-Nostalgie" aus und betonte, dass man Griechenland auch nicht sich selbst überlassen könne, ohne dass der Rest der Eurozone Probleme bekomme.
Unterstützung holte sich die Regierung von IHS-Chef Bernhard Felderer und Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny. Die beiden betonten, dass es sich bei der griechischen und portugiesischen Krise um Probleme der einzelnen Länder handle und nicht um eines des Euro. Denn dieser sei "äußerst stabil, es gibt überhaupt keinen Grund, am Euro zu zweifeln", sagte Felderer. Nowotny ergänzte: Der Euro sei die preisstabilste Währung, stabiler als Schilling und D-Mark zehn Jahre vor der Euro-Einführung. Dementsprechend sei es "fahrlässig und unverantwortlich, für einen Austritt aus der Euro-Zone zu plädieren".
Auf die Pressekonferenz folgte ein frühes Mittagessen und darauf das traditionelle Familienfoto auf der Terrasse des Panhans. Dann begann die nächste Arbeitssitzung - man wollte Arbeitseifer demonstrieren.