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Ein zweites Eigentor mit Anlauf

Von WZ-Korrespondent Klaus Stimeder

Politik

Die US-Gerichte weisen Präsident Trump erneut in die Schranken. Dieser reagiert erzürnt.


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Washington. Zweiter Versuch, vorläufig gleiches Resultat. Eigentlich hätte am Donnerstag Schlag Mitternacht der neue präsidentielle Erlass Wirkung erlangen sollen, der besagt, dass Menschen aus sechs mehrheitlich muslimischen Ländern - Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien - vorerst nicht mehr in die USA einreisen dürfen. Nachdem der erste diesbezügliche Versuch Ende Jänner gescheitert war, hatte Präsident Donald Trump seine Mitarbeiter angewiesen, die Executive Order zum sogenannten "Muslim Ban" - den er selber intern wörtlich so nannte - so zu überarbeiten, dass sie den zu erwartenden Klagen vor Gericht diesmal standhalten würden.

Aber wie beim ersten Mal hat sich die Trump-Administration offenbar grob verschätzt. Nachdem zuerst am Mittwoch ein Bundesrichter in Hawaii dem Erlass einen Riegel vorgeschoben hatte, schloss sich am Donnerstagmorgen ein weiterer aus Maryland an. Was bedeutet, dass der Erlass nicht in Kraft treten kann, solange nicht restlos geklärt ist, ob er überhaupt rechtskonform ist. In einer ersten Reaktion, die Trump im Rahmen seiner Dauerwahlkampf-Kampagne in Nashville, Tennessee äußerte, nannte er das Urteil des Richters auf Hawaii eine "schlechte, traurige Nachricht, die uns schwach erscheinen lässt" und tat es als "Anmaßung der Justiz, die jeglichem Vergleich spottet", ab; und das, obwohl es sich laut dem Ex-Reality-TV-Star lediglich "um eine verwässerte Version unseres ersten Erlasses handelt".

Gemäß der Lesart des Präsidenten handelt es sich um eine "klar politisch motivierte" Entscheidung. Wie nach dem ersten vor Gericht gescheiterten Anlauf - die ursprüngliche Executive Order schloss auch Iraker sowie Menschen mit gültigen Green Cards und Visa ein - gelobte Trump auch diesmal, bis zum Obersten Gerichtshof zu gehen, um seinen Willen durchzusetzen.

Angesichts der schriftlichen Begründungen der Bundesrichter stehen seine Chancen freilich auch diesmal nicht besonders gut. Beide Richter - in mehr als einem Dutzend weiterer Bundesstaaten sind ebenfalls Klagen anhängig - begründeten ihre Ablehnung der Maßnahme damit, dass sie eine Diskriminierung darstelle, die der US-Verfassung widerspreche.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Nun ist die rechtliche Dimension das eine, die politische eine andere. Wie schon beim ersten Anlauf galten auch beim Entwurf der zweiten Executive Order besonders zwei Trump-Mitarbeiter als maßgeblich: sein ehemaliger Wahlkampfmanager und nunmehriger "White House Chief Strategist" Steve Bannon (ein eigens für seine Person erfundener Titel) und Chefberater Stephen Miller, der ehemalige Pressesprecher des jetzigen Justizministers Jeff Sessions. Wie es in der Urteilsbegründung des Richters in Honolulu heißt, trug vor allem Miller dazu bei, dass es wieder nichts zu werden scheint mit der Rechtsgültigkeit des Dekrets.

Kurz nach dem Scheitern der ursprünglichen Version hatte der 31-Jährige in einem Interview mit Trumps Haus- und Hofsender Fox News betont, dass es sich bei der überarbeiteten Version lediglich um alten Wein in neuen Schläuchen handle und deshalb nur "kleine technische Details" geändert gehören: "Politisch ist das Endergebnis dasselbe." Genau diese Worte fanden sich jetzt in der Urteilsbegründung zitiert und gegen das Weiße Haus verwendet. In der Begründung des Richters aus Maryland hieß es konkret, dass er dem Dekret nicht stattgeben könne, weil es de facto einer "Ausführung des vorgeschlagenen Einreiseverbots für Muslime" gleichkäme.

In den sozialen Medien feierten Trumps Gegner bevorzugt mit dem - mittlerweile in den Rang einer Ikone erhobenen - Bildnis der New Yorker Muslimin Munira Ahmed, die der Künstler Shepard Fairey im Stil des berühmten Obama-Posters ("Hope") verewigte. Darauf trägt Ahmed, eine US-Bürgerin mit Wurzeln in Bangladesch, ein Kopftuch mit dem Muster der amerikanischen Flagge, der Stars & Stripes. Die Anhänger des Präsidenten Anhänger ließen indes auch nicht lange mit Reaktionen auf sich warten. Am Donnerstag führte auf Trumps bevorzugtem Kommunikationskanal Twitter der Hashtag #BoycottHawaii die Hitliste an.