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In Deutschland | sorgen Einbürgerungstests für | Diskussionen. Sinn und Unsinn solcher Fragebögen sind die eine Seite; | Bewahrung der | demokratischen Kultur die andere.
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Erst wollte ich heute eine Satire über die Einbürgerungstests schreiben.
Es ist ja wirklich komisch, daß man fast die Hälfte der Deutschen aus ihrer Republik werfen müsste, weil sie den Test nicht bestünden. Selbst Literaturpapst Marcel R.-R., der mit den aus fleischigen Lippen rollendem R, hat Zweifel, ob er alle Fragen richtig beantworten könnte.
Was macht da erst die biedere und brave polnische Putzfrau, wenn sie nach der "documenta" in Kassel oder nach dem Textdichter der "Ode an die Freude" gefragt wird.
So wollte ich z.B. die Frage nach "drei berühmten deutschen Musikern" mit "Udo Jürgens, Falco und Freddy Quinn" beantworten, wie man es hierzulan-de ständig zu hören bekommt.
Wie gesagt: dies sollte eine Satire werden. Aber dann hörte ich vom Hilfeschrei der Hauptschullehrer aus Neukölln, die der täglichen Gewalt nicht mehr Herr würden und um Auflösung der Schule bäten.
Ich las von dem zum Christentum übergetretenen Afghanen, dem die Todesstrafe droht; von der zwanzigjährigen Türkin Gönül, die vom eigenen Bruder hingerichtet wurde, weil sie einen Deutschen heiraten wollte - und da verging mit die Lust auf Satire.
Klar ist: Ohne Blutzufuhr von außen würde Deutschland ausdörren. Soziale Sicherung, Infrastruktur, der gesamte Lebensstandard wäre in Gefahr, weil die Deutschen zu wenig Kinder machen. Deutschland braucht Einwanderung.
Die kommt aber vor allem aus den außereuropäischen, häufig islamisch orientierten Ländern, und meist aus Staaten, in denen Demokratie, Menschenrechte, Meinungsfreiheit und Liberalität Fremdwörter sind.
Europa hat viel Blut bezahlt, um Aufklärung, politische Freiheit, Demokratie, Menschenrechte zu erobern - und in manchen Rand zonen zahlt es noch bis heute.
Das alles ist zu mühsam errungen, um es auf dem Altar einer scheinliberalen Xenophilie zu opfern.
Es muß wenigstens eine Schwelle vor dem Eintrittstor geben, an der man den Straßenschmutz abstreifen kann - oder, wie bei Moscheen, die Schuhe.
Das Eintrittstor nach Deutschland muß heißen: Du wirst fortan in einem säkularen Staat leben, in dem Frauen ihren Mann, jeder seine Religion oder seinen Unglauben selbst wählen darf. Du wirst in einem Staat leben, der eigene Sitten, Gebräuche und Traditionen hat, die du zumindest kennen solltest. Du wirst in einem Staat leben, der das Gewaltmonopol ausschließlich beim Staat und seinen unabhängigen Gerichten sieht und private Justiz nicht duldet.
Das sind keine ausländerfeindlichen Diskriminierungen, das sind humanitäre Errungenschaften - und niemand wird dich jemals dazu zwingen, in diesem Staat zu leben.
Doch wenn du das unbedingt trotzdem tun willst, dann musst du die Regeln akzeptieren - und zunächst einmal kennen.
Natürlich kann man darüber streiten, wie sinnvoll solche Fragebögen sind. Der hessische umfasst 100 Fragen. Und sie sind beantwortbar, wenn man sich ein bisschen mit dem Land befasst hat.
Den Vorwurf, es handle sich dabei um "Gesinnungsschnüffelei", kann ich nicht nachvollziehen. Freilich haben hier Frauen und Kinder eigene Freiheitsrechte, freilich ist hier Selbstjustiz geächtet, freilich spielt hier die Religion nicht die Hauptrolle in Staat und Gesellschaft.
Wenn jemand diese lapidaren Regeln akzeptiert und lebt, kann er die Vorzüge der Religionsfreiheit, den Schutz der Privatsphäre, die Wohltaten des sozialen Rechtsstaates in vollen Zügen genießen.
Das Ticket in Form eines Einbürgerungstests ist dafür ein angemessener Preis.