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Österreich hat die Idee einer "Agentur für Grund- bzw. Menschenrechte" zur Stärkung einer kohärenten Menschenrechtspolitik im Inneren und in den Außenbeziehungen der EU schon während seiner ersten Präsidentschaft am Europäischen Rat von Wien im Dezember 1998 lanciert. Als Sitzstaat der "Anti-Rassismus-Stelle", die als Nukleus dafür fungieren soll, kommt ihm dabei eine besondere Funktion zu.
Ausgehend von einem deutsch-französischen Vorschlag, der beim Europäischen Rat von Korfu im Juni 1994 unterbreitet wurde, wurde im Jahre 1997 eine "Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit/European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia (EUMC)" ("Anti-Rassismus-Stelle") errichtet und in Wien lokalisiert. Die EUMC verfügt gegenwärtig über 37 Mitarbeiter und ein Budget von 8,2 Mio. Euro. Das Hauptziel der EUMC besteht darin, der Union und ihren Mitgliedstaaten objektive, zuverlässige und vergleichbare Informationen über rassistische, fremdenfeindliche und antisemitische Phänomene bereitzustellen, was die EUMC unter anderem im Vorfeld der gegen Österreich verhängten "EU-Sanktionen" - die vom Februar bis September 2000 andauerten - auch erfolgreich getan hat. Ohne deren Dokumentation wären diese wohl so nicht möglich gewesen.
Im Zuge der Verankerung der "EU-Grundrechte-Charta" im geplanten Vertrag über eine neue Verfassung für Europa regte der Europäische Rat erstmals im Dezember 2003 an, die EUMC auszubauen und ihr Mandat so auszuweiten, dass sie zu einer "Agentur für Menschenrechte" ausgestaltet wird. Nach einer entsprechenden Mitteilung über die Errichtung einer "Agentur für Grundrechte" vom Oktober 2004 legte die Kommission im Juni 2005 sowohl einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Errichtung einer Agentur der EU für Grundrechte als auch einen weiteren für einen Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Agentur der EU für Grundrechte, ihre Tätigkeiten in den Bereichen der "Dritten Säule" der EU auszuüben (SEK(2005) 849), vor.
Als Rechtsnachfolgerin der EUMC soll die "EU-Grundrechte-Agentur" über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen und ihren Sitz ebenfalls in Wien nehmen. Als europäische "Regulierungsagentur" besitzt sie an Organen einen Verwaltungsrat, einen Exekutivausschuss, einen Direktor und ein sogenanntes Forum. Sie soll ihre Tätigkeit am 1. Jänner 2007 aufnehmen und wird über einen Personalstand von 100 Mitarbeitern und über ein Budget von 16 Mio. Euro verfügen.
Die Agentur hat den gesamten Grundrechtsbereich - wie er in Art. 6 Abs. 2 EUV sowie in der "Charta der Grundrechte der EU" verankert ist - in der "Ersten" und der "Dritten" Säule der EU zu beobachten und zu dokumentieren und ihre Erkenntnisse allen Organen, Ämtern und Agenturen in der EU zur Verfügung zu stellen. Ihre Gutachten und Berichte dürfen aber nicht Fragen der Rechtmäßigkeit von Kommissionsvorschlägen, Stellungnahmen der Organe im Rechtsetzungsverfahren oder die Rechtmäßigkeit von Handlungen betreffen, ebenso wenig wie sie sich mit der Frage befassen dürfen, ob ein Mitgliedstaat einer Vertragsverpflichtung nachgekommen ist oder nicht.
Nachdem der österreichischen Antirassismus-Politik im Dritten Länderbericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarates vom Juni 2004 kein sehr gutes Zeugnis ausgestellt und Österreich auch vom EuGH im Mai wegen der nicht fristgerechten Umsetzung der sogenannten Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG des Rates der EU verurteilt wurde, stellt die Lokalisierung der "Agentur für Grundrechte" in Wien nunmehr ein positives Signal seitens der EU dar. privat
Univ.-Prof. Waldemar Hummer ist Leiter des Instituts für Völkerrecht, Europarecht und Internationale Beziehungen an der Leopold-Franzens-Universität in Innsbruck.