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Eine Armee im Museum

Von Christian Hoffmann

Wissen

Mit dem Zeitalter der Ritter im engeren Sinn haben die Waffen, die im Landeszeughaus in Graz aufbewahrt werden, nichts mehr zu tun. Trotzdem vermitteln die alten Rüstungen für Mann und Pferd eine Ahnung jener lang zurückliegenden Zeit. Im März wird die Sammlung, die zum Landesmuseum Joanneum gehört und derzeit umgebaut wird, neu eröffnet.


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Aus dem Landeszeughaus: ein "Feldküriss" aus dem Jahr 1600.
© Foto: Landeszeughaus Graz

Die Entscheidung fiel in der Regierungszeit von Maria Theresia (1740 – 1780). Bereits damals hatte sich die Kriegsführung so weit verändert, dass man überlegte, das alte Waffenlager in Graz aufzulassen und aus den mehrere hundert Jahre alten Beständen alles, was dem Wiener Hofkriegsrat überflüssig erschien, zum Metallwert zu veräußern. Doch die steirischen Landstände, damals schon sehr geschichtsbewusst, widersetzen sich diesem Plan der Behörden in Wien und erreichten im Jahr 1749, dass sowohl die Waffenbestände als auch das Gebäude in Graz, in dem sie aufbewahrt wurden, das Zeughaus, erhalten blieben. Ihrem energischen Einsatz vor mehr als dreihundert Jahren ist zu verdanken, dass ein weltweit einmaliges historisches Monument mit 32.000 Objekten besichtigt werden kann.
Zusammengetragen wurde die Waffensammlung in bewegten Zeiten. Im 15. Jahrhundert musste man immer wieder mit ungarischen Truppen rechnen, die zwischen 1480 und 1490 das Land sogar einmal besetzten. Später sorgte die Nähe von Truppen des Osmanischen Reichs für Unruhe, die seit ihrem Sieg im Jahr 1526 in der Schlacht von Mohács  immer weiter nach Mitteleuropa vorstießen und bis zum Jahr 1683 mehrmals Wien belagerten. Es lag also nahe, dass die Landstände, die Vertretung von Adel, Klerus und Bürgerschaft, Waffen und Ausrüstung zusammentrugen, mit denen bei Bedarf eine eigene Armee ausgerüstet werden konnte. Das älteste erhalten gebliebene Inventar, das diese Bemühungen dokumentiert, stammt aus dem Jahr 1557.
Ab dem Jahr 1642 wurde dann mit öffentlichen Mitteln in der Innenstadt von Graz das bis heute bestehende Gebäude errichtet, in dem die Waffen gelagert wurden. Bis dahin waren sie an verschiedenen Plätzen in der Stadt verstreut aufbewahrt worden, bei den Stadttoren, im Landhaus oder in verschiedenen Hütten. In einer Bauzeit von knapp fünf Jahren entstand nach Entwürfen des Italieners Antonio Solar der frühbarocke Bau in der Grazer Herrengasse, in dem bis heute die Ausrüstung für etwa 5000 Mann zur Verfügung steht, darunter prunkvolle Harnische, von denen jeder ein kostbares Einzelstück ist.
Im Jahr 1797,  als die Truppen Napoleons anrückten, brachte man die alten Geschütze nach Novisad, wo sie später verkauft werden mussten, weil das Geld für den Rücktransport fehlte. Während des Zusammenbruch des Dritten Reichs wurden die wertvollsten Stücke in steirischen Schlössern gelagert, um sie vor Fliegerbomben in Sicherheit zu bringen, und dann im April 1946, als die Stadt Graz noch einen Ruinenfeld war, mit Unterstützung der britischen Armee ins Zeughaus zurückgebracht.
Angesichts von so viel Geschichte und Symbolkraft hat es sich die Stadtverwaltung nicht nehmen lassen, im Jahr 2011, als man sich zur "City of Design" proklamierte, den Umbau der alten Kanonenhalle im Erdgeschoß auszuschreiben, der derzeit ausgeführt wird. Neben dem Einbau eines Liftes, der einen barrierefreien Besuch gewährleisten soll, wird ein neuer Kassen- und Informationsbereich gestaltet, dessen Formen dem "Murnockerl" nachempfunden sind, ein Begriff, der Nicht-Steirern natürlich kaum geläufig ist: Es handelt sich dabei um Steine, graue, gerundete Steine, "ein bedeutender Grundwasserkörper im Steirischen Becken", wie man auf der geologischen Internet-Seite des "Universalmuseums Joanneum" nachlesen kann. Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte und die Zeiten, da die besagten Murnockerln als Waffen in Gebrauch waren, liegen noch viel weiter zurück.

<p class="em_text em_text">Artikel erschienen am 8. Februar 2013 in: "Wiener Zeitung", Beilage "Wiener Journal"

Ein "Reiterharnisch" im Landeszeughaus Graz.
© Foto: Landeszeughaus Graz

Armbrust.
Eine durchschlagskräftige, aber relativ langsam schießende Projektilwaffe, die von der Fußtruppe eingesetzt wurde. Der Bogen wurde in rechtem Winkel auf das vordere Ende des hölzernen Schaftes (Säule) montiert und konnte mit der Hand oder einer mechanischen Hilfe (Armbrustspanner) gespannt werden. Nach der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Armbrust allgemein nur mehr bei sportlichen Schießbewerben verwendet.

Barbuta.
Auch Celata. Ein weit herabreichender, aus einer einzigen Platte gearbeiteter Helm, der von den der zweiten Hälfte des 14. bis zum späten 15. Jahrhundert Verwendung fand. Seine klassische Form erinnert an den antiken Korinthischen Helm und hat eine T-förmige Gesichtsöffnung (Seh- und Atemöffnung).

Sauspiess.
Ein Spieß mit breiter blattförmiger Klinge und zumeist darunter einem Knebel. Ursprünglich eine Jagdwaffe, wurde sie vor allem von der Infanterie, aber auch von Garden verwendet. Das breite Blatt bot sich besonders zur Dekorierung an.

Die Begriffe stammen aus dem Glossar auf der Internetseite des Landeszeughauses. Es wurde von Germanisten der Universität Graz im Rahmen des Projektes "Wehrhafte WortSchätze" erarbeitet und umfasst 700 Einträge.

Landeszeughaus Graz.
Herrengasse 16, 8010 Graz, T: 0316/8017-9810, Wieder geöffnet ab 23. März, www.museum-joanneum.at/de/landeszeughaus