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Justizministerin Beatrix Karl im Porträt.
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Wien. "Arbeitsrechtlerin übernimmt Problemressort" titelte die Austria Presse Agentur ein Porträt Beatrix Karls anlässlich deren Beförderung zur Justizministerin im April 2011. Man kann also kaum behaupten, die Neue habe nicht gewusst, was sie im Palais Trautson erwarten würde, wo das Justizministerium im 7. Wiener Gemeindebezirk logiert. Zu sehr hatte das politisch höchst sensible Ministerium in den Jahren davor für negative Schlagzeilen gesorgt. Karls Problem ist nun: Daran hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert.
Die Ministerin selbst, so hat man den Eindruck, ist bis heute nicht in der ersten Reihe der Innenpolitik angekommen. Dabei hat die 1967 in Graz geborene habilitierte Arbeitsrechtlerin die Erfolgsleiter in geradezu atemberaubendem Tempo erklommen: 2005 kandidierte sie erstmals für den steirischen Landtag; den Einzug verfehlte sie zwar, dafür öffnete sich für Karl bereits im Jahr darauf die Tür zum Nationalrat, wo sie, kaum dass sie Platz genommen hatte, der damalige frischgebackene ÖVP-Hoffnungsträger Josef Pröll in die interne "Perspektivengruppe Arbeit" holte; im Sommer 2009 avancierte sie zur ersten Frau auf dem Sessel des ÖAAB-Generalsekretariats - ihr erster wirklicher Spitzenjob in der Politik und ÖVP-intern eigentlich eine strategische Schnittstelle; nur ein halbes Jahr später stieg die neue schwarze Personalhoffnung zur Wissenschaftsministerin auf, nachdem Johannes Hahn der Verlockung, EU-Kommissar in Brüssel zu werden, nicht widerstehen konnte; seit April 2011 schließlich hat sie den Auftrag, das Justizministerium wieder in ruhigere Bahnen zu führen.
Mittlerweile häufen sich allerdings die Behauptungen, dass Karl dies nicht gelingen werde. Es mangle ihr am hierfür notwendigen politischen Sensorium, heißt es aus den Reihen ihrer Kritiker. Wohlmeinendere sprechen von einem Mangel an Erfahrung, geschuldet ihrer relativen Jugend und der Rasanz ihres Aufstiegs.
Wirkliche Spuren konnte Karl, die unverheiratet und kinderlos ist, bisher noch kaum hinterlassen; wie auch, braucht es dazu doch vor allem eines: Zeit.
Innerparteilich zählt Karl zum gesellschaftspolitisch eher liberalen Flügel der Volkspartei, was sich etwa an ihrem verklausulierten Ja zur Gesamtschule in der Variante "Gymnasium für alle" äußerte. Dass dieser Sager just in die Präsentation des lange erwarteten ÖAAB-Bildungsprogrammes hineinplatzte, sorgte für Kopfschütteln in den eigenen Reihen. Immerhin: Als gezielte Desavouierung wurde Karl ihre Äußerung nicht ausgelegt.