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Eine Bedingung mehr ist erfüllt

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Schröder erwartet keinen Wechsel in Türkei-Politik. | Deutsche CDU beharrt auf Alternative zu Türkei-Beitritt. | Brüssel/Istanbul. Die Türkei ist eine funktionierende Marktwirtschaft. Dies bescheinigt die EU-Kommission Ankara in ihrem nächsten Fortschrittsbericht im November, meldet die Nachrichtenagentur Reuters. Eine funktionierende Marktwirtschaft, die Brüssel der Türkei bis jetzt noch nicht attestiert hatte, ist ein Kriterium für die EU-Mitgliedschaft eines Landes. Sie erleichtert auch die Beitrittsverhandlungen in wirtschaftlichen Bereichen.


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Diese Bedingung zu erfüllen, war eine der größten Herausforderungen für manche osteuropäische Staaten, die im Vorjahr der Europäischen Union beigetreten sind. Und Rumänien, das 2007 EU-Mitglied werden könnte, hat die Kommission erst im Vorjahr als funktionierende Marktwirtschaft bezeichnet.

In die Gespräche mit Ankara könnte das Urteil der Kommission Schwung bringen. Unterdessen bedankte sich der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan für das Engagement des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder vor der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Ankara. "Die Türkei vergisst nie Freunde, die in kritischen Zeiten zu ihr halten", erklärte Erdogan beim Besuch des Kanzlers in Istanbul.

Schröder selbst zeigte sich überzeugt, dass sich an den "erstklassigen Beziehungen" zwischen den Ländern auch unter einer von CDU-Vorsitzender Angela Merkel geführten Regierung nichts ändern werde. Denn die so genannte privilegierte Partnerschaft - für die sich die CDU als Alternative zu einer türkischen EU-Mitgliedschaft ausgesprochen und die Ankara immer abgelehnt hatte - sei vom Tisch. "Diese Frage ist wirklich historisch erledigt", bekräftigte Schröder.

Die CDU sieht das anders. "Bundeskanzler Schröder irrt", kommentierte der Europa-Experte Peter Hintze: "Die privilegierte Partnerschaft hat Zukunft." Wenn der Beitritt der Türkei zu einer Überdehnung der EU führen würde, sei die Partnerschaft die beste Lösung für beide Seiten.

Volk soll abstimmen

Die Skepsis gegenüber einem EU-Beitritt der Türkei ist in Westeuropa groß. Die negative Haltung könnte bei den in einigen Staaten geplanten Referenden zur türkischen Mitgliedschaft zum Ausdruck kommen. Für Österreich hat Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bereits eine Volksabstimmung angekündigt. Auch SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer zeigt sich dafür offen. Dies bezeichnet wiederum BZÖ-Obmann Jörg Haider gegenüber der APA als "Doppelstrategie". Gusenbauer habe sich nämlich geweigert, eine Vereinbarung der Parlamentsparteien zum Referendum zu unterzeichnen.