Zum Hauptinhalt springen

Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann

Von Wissenschaftsminister Caspar Einem

Wissen

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Am Ende einer Legislaturperiode und wenige Wochen vor einer Nationalratswahl muss ein Kommentar des für Universitäten und Hochschulen zuständigen Ministers zur österreichischen Hochschulpolitik zwangsläufig zu einer Art Bilanz geraten. Und diese, denke ich, kann sich durchaus sehen lassen. Es ist nämlich keine Übertreibung, wenn man feststellt, dass mit den im Juli dieses Jahres im Parlament beschlossenen Gesetzen bzw. Novellen die umfassendste und tiefstgreifende Reform des österreichischen Hochschulwesens in der Zweiten Republik - zumindest auf legistischer Ebene - abgeschlossen wurde.

Begonnen wurde sie mit dem Universitäts-Organisationsgesetz 1993 (UOG ´93) unter Erhard Busek und fortgesetzt während der Ministerschaft Rudolf Scholtens mit der Vorbereitung des Universitäts-Studiengesetzes (UniStG ´97). In meine Amtszeit fallen schließlich die Angleichung des Studienrechts der Kunsthochschulen, das Universitäts-Akkreditierungsgesetz, die Novelle über die Einführung des dreistufigen Studiums ("Bakkalaureat"), die Reform der Studienförderung, Maßnahmen zur Förderung der Frauen in der Wissenschaft sowie die Vorarbeiten für eine Rechtsgrundlage für die Vollrechtsfähigkeiten von Universitäten.

Insgesamt wurden damit wesentliche Schritte in Richtung Modernisierung unserer Universitäten und Schaffung von Voraussetzungen für die Verbesserung der Qualität von Lehre und Forschung getan. Mein besonderes Augenmerk bei allen Reformmaßnahmen galt der Verbesserung der Studienbedingungen und damit der Berufs- und Lebenschancen für die Studierenden.

Vom zugegebenermaßen hohen Reformtempo im letzten Halbjahr fühlten sich vielleicht manche etwas überfordert. Es geschah aber nicht, um unsere Universitäten mit Reformideen des Ministers zu überfluten, sondern es ging vielmehr darum, auf Entwicklungen zu reagieren, die im nationalen und internationalen Umfeld stattfinden: So ist etwa die Frage des Bakkalaureats im Kontext der Bemühungen um eine bessere Vergleichbarkeit der Studienabschlüsse in Europa (Sorbonne-Erklärung) bzw. des noch ambitionierteren Ziels eines "Europäischen Raums für Hochschulbildung" (Deklaration von Bologna) zu sehen. Es geht aber auch um die Möglichkeit für die Studierenden, nach kürzerer Studiendauer einen international anerkannten ersten Abschluss erlangen zu können, der ihnen auch gute Berufschancen bieten soll. Natürlich wird das nicht in allen Studienrichtungen möglich und sinnvoll sein. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür mussten aber jedenfalls möglichst rasch geschaffen werden, damit mit dem Studienjahr 2000/2001 erste Bakkalaureatsstudien eingeführt werden können.

Das Universitäts-Akkreditierungsgesetz hat da und dort Befürchtungen hervorgerufen, der Staat würde sein Monopol in der Hochschulbildung leichtfertig aufgeben, was dazu führen könnte, dass neben den frei zugänglichen staatlichen Universitäten sich gebührenpflichtige Eliteeinrichtungen etablieren. Die Skeptiker mögen beruhigt sein: Dieses Gesetz ist ein Schritt, der Qualitätskontrolle für etwas bringt, was es heute schon gibt. Wir sollten die Augen nicht davor verschließen. Es soll einen Zustand der Rechtsunsicherheit beenden und eindeutig regeln, unter welchen Voraussetzungen andere als der Staat Universitäten in Österreich betreiben können. Befürchtungen, dies könnte in irgendeiner Weise zu Lasten der öffentlich finanzierten Universitäten gehen, sind völlig unbegründet.

Die Frage der Vollrechtsfähigkeit von Universitäten ist ein Wunsch, der von diesen selbst erstmals aufs Tapet gebracht wurde und dem ich mich nicht verschlossen habe, da ich es verstehen kann, dass Universitäten möglichst viel Gestaltungsfreiheit und Eigenverantwortung bei der Bewältigung der ihnen vom Staat übertragenen Aufgaben erhalten möchten. Eine Diskussionsgrundlage über diesen weiteren Entwicklungsschritt in der Universitätsorganisation habe ich im März ausgesendet, damit darüber eine breite und offene Diskussion geführt werden kann. Auch hier geht es darum, eine Regelung zu finden, die bestimmte Qualitätsstandards garantiert und Zielvorgaben definiert, innerhalb derer den Universitäten mehr Freiheit und Flexibilität - vor allem auch in budgetärer Hinsicht - eingeräumt werden soll.

Die Novelle zum Studienförderungsgesetz, die zu Beginn dieses Sommersemesters in Kraft getreten ist, beinhaltet neben einer Ausweitung des potenziellen Bezieher/innen/kreises durch neue Berechnungsmethoden auch ein völlig neues Instrument zur wirksamen Unterstützung von Studierenden in der Abschlussphase des Studiums in Form eines die normalen Lebenshaltungskosten abdeckenden Stipendiums. Die Reform der Studienförderung war u.a. notwendig geworden, weil Untersuchungen zur sozialen Lage der Studierenden gezeigt haben, dass der Anteil der "non traditional students", also jener Studierenden, die ganz oder teilweise berufstätig sind oder Kinder zu betreuen haben, stark zugenommen hat. Gesetzgeber und Verwaltung können aber nur für eine bessere materielle Absicherung sorgen. Die mindestens ebenso wichtige Anpassung der Organisation der Studien an die geänderten Bedürfnisse der Studierenden muss von den Universitäten selbst vorgenommen werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich auf ein Projekt verweisen, das die Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Wien mit Unterstützung meines Ministeriums durchgeführt hat: die Verantwortlichen dieser Fakultät haben mein Angebot angenommen, die organisatorischen Abläufe durch externe Berater prüfen zu lassen und haben auf diese Weise wertvolle Erkenntnisse über Schwachstellen und Mängel gewonnen, die - trotz günstiger personeller und infrastruktureller Voraussetzungen an der Fakultät - wesentlich mitverantwortlich sind für die Überschreitung der Studienzeiten um durchschnittlich 25 Prozent.

Im Bereich der Fachhochschulen wurden mit dem zweiten Entwicklungs- und Finanzierungsplan die Weichen für den weiteren Ausbau dieser so erfolgreichen Bildungseinrichtungen gestellt: bis zum Jahr 2004/05 werden 21000 Studienplätze, das sind pro Jahr um 600 mehr, zur Verfügung stehen. Für die Ausbildung der Pflichtschullehrer/innen werden innerhalb der nächsten acht Jahre hochschulische Einrichtungen geschaffen, womit auch in diesem Bereich eine Angleichung an internationale Standards erreicht werden wird.

In der nächsten Zeit wird die konkrete Umsetzung der Reformen, vor allem die Erarbeitung neuer Studienpläne im Vordergrund stehen. Die Hochschulpolitik wird gemeinsam mit den Universitäten dafür zu sorgen haben, dass die Intentionen des Gesetzgebers ihren Niederschlag in der universitären Praxis finden. Damit Österreichs Hohe Schulen ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft bestmöglich gerecht werden können.