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Eine Blase - oder doch keine Blase

Von Monika Jonasch

Wirtschaft
© stock.adobe.com / fotomek

Die Urteile der Experten reichen von "überbewertet" und "überhitzt" bis "Immobilienblase". Betongold, ein Risiko?


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Sie ist das Schreckgespenst aller, die in Immobilien investieren, die Immobilienblase, denn sie kann dafür sorgen, dass investierte Gelder plötzlich viel weniger wert sind. Der heimische Markt zeigt seit einigen Jahren Auffälligkeiten, die auf eine solche Blase hindeuten. Die meisten von uns befragten Experten äußern sich hierzu allerdings zurückhaltend.

Was sind eigentlich die Anzeichen für eine Blase am Immobilienmarkt? Ein wesentlicher Hinweis ist das Ansteigen der Immobilienpreise über mehrere Jahre hinweg. Ist dieser Preisanstieg, auch bei Mieteinnahmen, zudem entkoppelt vom Anstieg der Durchschnittseinkommen und der Inflation, ist das ein zweites Kennzeichen einer Blase. Hinzu könnte noch eine steigende Nachfrage kommen, die durch Niedrigzinspolitik, großzügige Kreditvergabe und steuerliche Begünstigung von Immobilien im Vergleich zu anderen Veranlagungsformen weiter angetrieben wird.

Betrachtet man all diese Kennzeichen, häufen sie sich derzeit am heimischen Markt durchaus, insbesondere bei Wohnimmobilien. Die Pandemie und die durch sie verstärkte Nachfrage nach Objekten im Grünen sowie das Ausweichen von Finanzinvestoren von den unsicheren, volatilen Börsen auf Betongold treiben die Preise zusätzlich an.

Ein überhitztes "Bläschen"?

Bank Austria Chefvolkswirt Stefan Bruckbauer beruhigt jedoch: "Bei einer Blase unterstellt man immer, dass sie platzt. Tatsächlich haben sich die Miet- und Baupreise von den Einkommen wegbewegt. Wir haben wahrscheinlich eine Überbewertung, eine Vorstufe zu einer Blase. Aber ein dramatischer Preisverfall ist nicht zu erwarten, es fehlt der dazugehörige Stress im Bankensektor und dass Kredite fällig gestellt werden."

Ganz anders urteilt Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik und Wohnen bei der Arbeiterkammer (AK): "Wir haben schon ein Bläschen, die Preise explodieren, es ist viel Geld am Markt und es wird für Anleger, nicht für Eigentümer gebaut." "Das ist keine Blase, denn es ist wahnsinnig viel Eigenkapital im Markt, und die Nachfrage ist sehr hoch. Zudem sind die Banken durchaus vorsichtig bei der Kreditvergabe", widerspricht ihm Peter Weinberger, Sprecher von Raiffeisen Immobilien Österreich. Zudem seien die Mieten hierzulande derzeit zwar teuer, aber immer noch leistbar. Es gebe noch genug Menschen in Österreich, die sich das noch leisten könnten, betont er.

Luxus oder leistbar

Während Immobilienentwickler zuletzt vermehrt melden, dass Luxusobjekte besonders nachgefragt werden, scheint leistbarer Wohnraum jedoch nicht gleichermaßen verfügbar. "Der Großteil der Käufer will in den erworbenen Immobilien wohnen, Spekulanten gibt es kaum, daher sind keine Panikverkäufe zu erwarten. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu den Immobilienblasen in den USA, Japan oder China", meint Stefan Bruckbauer von der Bank Austria.

"In Wien wird das Dreifache vom Wohnbedarf gebaut, es gibt viele Leerstände. Wir haben einen massiven Überhang bei steigenden Preisen. Würde der Bedarf befriedigt, müssten die Preise stabil bleiben. Sie steigen aber trotz Angebotsüberhang. Jetzt hängt es sehr stark von der Zinsentwicklung ab, ob das Bläschen zur Blase wird", warnt hingegen AK-Experte Thomas Ritt.

"Ich sehe keine Gefahr von Kreditausfällen, die Finanzierungen sind nicht spekulativ. Der Bedarf und die Ansprüche haben sich durch die Pandemie, durch Homeoffice und Co. geändert. Die Käufer suchen größere Immobilien. Diese sind allerdings nicht mehr für alle leistbar", meint Raiffeisen-Immobilien-Sprecher Weinberger.

Hinweise auf Überhitzung

Und was sagt die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) dazu, die den heimischen Finanzmarkt und seine Risiken im Auge behalten muss? "Wohneigentum wird immer teurer. Der steile Aufwärtstrend ist in ganz Österreich seit über einem Jahr ungebrochen. Im vierten Quartal 2021 lag der Preisanstieg im Vergleich zum Vorjahr erneut über 10 Prozent - sowohl in Wien (11,3 Prozent) als auch im restlichen Bundesgebiet (13,9 Prozent). Mit 12,6 Prozent im gesamtösterreichischen Durchschnitt erreichte die Preissteigerung an den heimischen Wohnimmobilienmärkten damit einen neuen Höhepunkt." Die Entwicklung in Österreich sei im europäischen Vergleich auffällig, urteilt die OeNB. "Es ergeben sich Hinweise auf eine zunehmende Überhitzung des Wohnimmobilienmarktes."

Ob daraus eine Blase werde, hänge jedoch von vielen Faktoren ab, betont OeNB-Immobilienexpertin Karin Wagner. "Neben der Höhe der Zinsen spielt dabei die gesamtwirtschaftliche Entwicklung nach Corona - insbesondere die Entwicklung nach Auslaufen der Stützungsmaßnahmen und der weitere Pandemieverlauf generell - eine Rolle."

Für die Nationalbank stehen die systemischen Risiken am österreichischen Finanzmarkt im Vordergrund. Daher wurden zuletzt via Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) Verschärfungen bei der Vergabe neuer Kredite ab Mitte 2022 beschlossen. Demnach soll der Eigenfinanzierungsanteil mindestens 20 Prozent betragen. Laufzeiten von höchstens 35 Jahren und Schuldendienstquoten von höchstens 30 bis 40 Prozent des Nettoeinkommens sind bei Wohnimmobilien-Finanzierungen durch heimische Banken zu berücksichtigen.

Was sind nun aber Auslöser, die die Stabilität am heimischen Finanzmarkt gefährden würden? Plötzliche Zinserhöhungen der Banken, ausgelöst von Zinsschritten der EZB, wären ein Beispiel. Auch der gleichzeitige Ausfall vieler Investoren, etwa durch die aktuellen Sanktionen gegen Russland, wäre ein Szenario. Inwieweit der heimische Immobilienmarkt von russischem Kapital befeuert wird und ob dieses nun wegfällt, wird sich noch zeigen.