Zum Hauptinhalt springen

Eine breitere Kapitalbasis auf Dauer

Von Karl Leban

Reflexionen
Seit knapp einem Monat sitzt der 53-Jährige im Chefsessel der Bank Austria: Willibald Cernko. Foto: Strasser

Statt Hilfe vom Staat Geld von der Börse: Die Vorteile eines Verkaufs neuer Aktien überwiegen. | Keine neuen Sparziele für Österreich und CEE. | Bankenkonsolidierung ohne die Bank Austria. | Madoff-Betrugsaffäre: "Kleine Rückstellungen für Prozesskosten." | "Wiener Zeitung": Herr Generaldirektor, auf der Gewinn-Messe haben Sie kürzlich gesagt, 2010 wird noch schwieriger als 2009. Warum glauben Sie das? | Willibald Cernko: Erst im ersten Halbjahr, wenn die Unternehmen ihre Bilanzen für 2009 vorlegen, werden die Spuren der Krise deutlich sichtbar werden.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Und das wird einmal mehr für Druck sorgen, der die Bonitätsratings, die Verhandlungen über Kreditlinien, aber auch die Kreditkonditionen und -gestaltung beeinflussen wird. In jedem Fall wird das herausfordernd sein.

Trotz Krise verdient die Bank Austria nach wie vor viel Geld, wenn auch weniger als noch in Boom-Zeiten. In welcher Höhe mussten Kreditausfälle heuer bisher verkraftet werden?

Wir bewegen uns da im Rahmen unseres Budgets. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Im nächsten Jahr werden wir uns auf ähnlicher Höhe wiederfinden. Wir sehen eine Seitwärtsbewegung, aber auf hohem Niveau.

Für wann rechnen Sie an der Kreditfront mit einer Entspannung?

Das ist schwer zu sagen, weil die mit der Krise einhergehende Arbeitslosigkeit noch dramatisch in den Mittelpunkt rücken wird. Auch wenn sich die Krise schrittweise 2011, 2012, 2013 verabschiedet, wird uns eines bleiben: eine deutlich gestiegene Sockelarbeitslosigkeit. Und deren Auswirkungen auf den privaten Konsum sind derzeit nicht wirklich seriös abzuschätzen.

Hat die italienische UniCredit ihrer Tochter Bank Austria neue Sparziele verordnet?

Nein. In Österreich arbeiten wir den vor drei Jahren vorgelegten Mehrjahresplan ab. Mit dem Abbau von 570 Stellen bis 2011 sind wir im Plan. Was uns gegenüber Mitbewerbern auszeichnet: Schon vor der Krise haben wir markante Einschnitte gemacht. Deshalb sehen wir bis heute keine Notwendigkeit, zusätzliche Sparprogramme starten zu müssen.

Unmittelbar reagieren mussten wir hingegen etwa in der Ukraine und in Kasachstan, wo es in Summe um 2500 Stellen ging. Das waren notwendige Anpassungen, ist aber kein Hinausgehen aus einem Land, sondern ein konsequentes Reagieren auf die allgemeine Wirtschaftskrise.

Sind beim einstigen Sorgenkind der Bank Austria, dem Privatkundengeschäft in Österreich, das Sie als Vorstand vor Jahren saniert haben, noch Nachjustierungen nötig?

Was natürlich zu tun ist, ist eine ständige Feinabstimmung. Wir haben laufend darauf zu achten, unser Kostenbudget in Ordnung zu halten und beim Kunden unseren Erfolg zu sichern. Aber darüber hinausgehende Großprojekte gibt es nicht. Das Werkel läuft, wiewohl das Geschäft derzeit alles andere als einfach ist.

Die Bank Austria hat als einzige Großbank in Österreich auf staatliche Kapitalhilfe verzichtet, so wie ihre Mutter in Italien. Die UniCredit will stattdessen eine Kapitalerhöhung über die Börse durchführen und rund die Hälfte des angestrebten Volumens von vier Milliarden Euro der Bank Austria zuführen. Gibt es einen Plan B, falls die Märkte nicht mitspielen?

Für einen Plan B besteht keine Notwendigkeit: Diese Kapitalerhöhung wird in jedem Fall passieren. Die Emission neuer UniCredit-Aktien ist von fünf Banken garantiert (Merrill Lynch, Goldman Sachs, Morgan Stanley, UBS und Mediobanca, Anm.) .

Wie sieht der Zeitplan für die Kapitalerhöhung aus?

Der Beschluss der Kapitalerhöhung durch die Hauptversammlung der UniCredit erfolgt Mitte November. Im Jänner 2010 soll dann die Kapitalerhöhung auf Gruppenebene starten und im ersten Quartal abgeschlossen werden. Der exakte Zeitplan wird jedoch von der Hauptversammlung festgelegt werden.

Wann wird das von Mailand zugesagte Kapital bei der Bank Austria eingebracht werden?

Die Kapitaleinbringung in die Bank Austria geht im Anschluss an die Kapitalerhöhung auf Gruppenebene über die Bühne.

Welchen Vorteil hat eine Kapitalerhöhung über die Börse gegenüber staatlicher Kapitalhilfe?

Das, was für uns als UniCredit Group bei der Kapitalerhöhung wichtig ist, ist eine Verbreiterung der Kapitalbasis. Und die steht uns auch auf Dauer zur Verfügung. Wir haben von daher keine Debatte (anders als Konkurrenten, die vom Staat Geld genommen haben, Anm.) , wann der beste und erstmögliche Zeitpunkt wäre, das aufgenommene Kapital wieder zurückzuzahlen. Gerade wenn wir wieder von einem Aufschwung der Wirtschaft sprechen können, wird es wichtig sein, dass wir die Wirtschaft mit Krediten entsprechend versorgen können. Und diese Kredite bedingen natürlich entsprechendes Eigenkapital.

Nationalbank-Chef Ewald Nowotny geht für die kommenden Jahre von einer Konsolidierung des österreichischen Bankenmarktes aus. Wird die Bank Austria hier eine aktive Rolle übernehmen?

Wir sind die Nummer eins in Österreich. Unsere Hauptaufgabe sehen wir in organischem Wachstum. Wir haben noch viele Möglichkeiten innerhalb der Gruppe, Synergien zu nutzen. Deshalb sehe ich uns eher in der Rolle des aufmerksamen Beobachters, aber nicht als aktiven Spieler, wenn es um Konsolidierung geht. Das gilt auch für Mittelosteuropa, wo wir ebenfalls die Nummer eins sind. Wir müssen nicht unbedingt nach Akquisitionen schielen.

Im vorigen Jahr ist die Bank Austria beim Verkauf ihrer Beteiligungen an Oberbank, BTV und BKS, der sogenannten 3-Bankengruppe, gescheitert. Ist die Absicht zu verkaufen nach wie vor aufrecht?

Grundsätzlich ja, wenn sich das Marktumfeld zum Positiven verändert. Es kann dann wieder ein Thema sein, den Verkaufsprozess zu starten. Derzeit gibt es aber weder ein Datum noch den Zwang dazu. Die Banken sind gut aufgestellt und solide geführt. Es gibt daher keinen Grund, unter Wert zu verkaufen.

Wie ist der aktuelle Stand beim Verkauf der Constantia Privatbank, wo die Bank Austria neben vier anderen heimischen Großbanken Miteigentümer ist?

Verhandelt wird mit zwei Interessenten (einer Gruppe um den Ex-Bank-Austria Vorstand und Investmentbanker Willi Hemetsberger und einem Institut aus Liechtenstein, Anm.) . In den nächsten zwei bis drei Wochen wird sich zeigen, ob da ernsthaftes Interesse gegeben ist. Es gibt einen gewissen Zeitdruck, den Verkauf zu einem Ende zu bringen. Das soll noch heuer geschehen.

Keine Freude haben Sie mit der Betrugsaffäre Madoff: Hat die Bank Austria Rückstellungen für mögliche Schadenersatzzahlungen gebildet und, wenn ja, in welcher Höhe?

Nein. Wir haben ausschließlich kleine Rückstellungen für Rechtsberatung und Prozesskosten gebildet. Für mich ist die Causa Madoff ein riesengroßer Betrugsfall. Viele Institutionen haben Madoff und seine Unternehmen geprüft - die US-Wertpapieraufsicht allein fünf Mal, und die beschäftigen immerhin 3000 Leute. Was das Thema Prospekthaftung und Informationspflicht betrifft, sind wir überzeugt, das ordentlich und sauber gemacht zu haben. Dass es geschädigte Kunden gibt, die das anders sehen, nehme ich einmal so zur Kenntnis. Aber das muss man jetzt wirklich die Gerichte beantworten lassen.

Abschlussfrage: Wie sollte der Bankensektor reguliert sein, damit Krisen wie der jetzigen künftig ein Riegel vorgeschoben ist? Viele Banken waren ja große Sünder.

Als europäische Kundenbank erachten wir eine akkordierte globale europäische Finanzaufsicht als dringend notwendig. Das zweite zentrale Thema ist Kapital. Der Grundsatz, je riskanter das Geschäft ist, je mehr Risiko in die Bücher genommen wird, desto mehr Kapital ist zu unterlegen, wird künftig einen stark regulierenden Effekt haben, weil manche Geschäfte schlichtweg nicht mehr attraktiv sein werden, weil zu viel Kapital angesprochen, gebunden und gehalten werden muss. Wir kommen aus einer Zeit - und das war eines der Grundübel -, in der letztlich die Maxime gegolten hat, mit dem geringstmöglichen Eigenkapital das größtmögliche Rad zu drehen. Deshalb werden viele Geschäfte aufgrund strengerer Eigenkapitalvorschriften in Zukunft gar nicht mehr stattfinden.

Das dritte Thema sind Banker-Boni. Die internationale Diskussion geht hier in die richtige Richtung. Wir halten die Vorgabe, den Bonus, die Erfolgsbeteiligung, an das Erreichen mittel- und langfristiger Ziele zu binden, für absolut richtig. In der UniCredit Group haben wir das bereits realisiert. Für das Top-Management gilt das seit Jahresbeginn.

Zur Person

Seit 1. Oktober amtiert Willibald Cernko als Generaldirektor der zur UniCredit gehörenden Bank Austria. Der 53-jährige Steirer ist für Erich Hampel gekommen. Mit dem Chefposten im größten Geldinstitut des Landes konnte er seiner bisherigen Bankerkarriere die Krone aufsetzen.

Diese Karriere hat 1983 bei der kleinen Raiffeisenkasse Obdach-Weißenkirchen begonnen. Als Banker groß geworden ist Cernko jedoch in der Creditanstalt (CA). Dort trat er 1985 ein, als Hannes Androsch Generaldirektor war. Für die 1997 von der Bank Austria übernommene CA war Cernko bis 2000 in leitenden Funktionen im Firmenkundengeschäft tätig. Dann wurde er in den Bank-Austria-Vorstand geholt, wo er für das Privatkundengeschäft und kurze Zeit auch für Zentral- und Osteuropa (CEE) zuständig war. Im Konzern gilt er als Sanierertyp.

Cernkos Ziel für die Bank Austria lautet: die führende Position sowohl in Österreich als auch in CEE weiter auszubauen, der Gesellschaft durch soziale Aktivitäten dabei aber auch etwas zurückzugeben.

Die Bank Austria ist in 19 Ländern tätig, betreut insgesamt fast 26 Millionen Kunden und hat zuletzt - im ersten Halbjahr 2009 - einen Gewinn von 833 Millionen Euro eingefahren.