Zum Hauptinhalt springen

Eine Debatte in Schieflage

Von Herbert Kohlmaier

Gastkommentare

Die öffentliche Diskussion über die Mit-Abschiebung der Kinder von abgewiesenen Asylwerbern verläuft sehr emotional. Dabei gerät sie allerdings in eine arge Schieflage. Die medialen Scheinwerfer werden grell auf die Exekutive und mit Weichzeichner auf die sicher bedauernswerten Kinder gerichtet, sparen aber die eigentliche Ursache aus. Die liegt bei den Eltern, die einen negativen Bescheid über ihr Ansuchen um Schutz vor angeblichen Bedrohungen in ihrer Heimat nicht zur Kenntnis nehmen. Sie wollen auf diese Weise die Zuwanderung nach Österreich durchsetzen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Darf man da den Rechtsstaat Österreich, der selbstverständlich dem humanitären Recht auf Asylgewährung für Verfolgte verpflichtet ist, zum Schuldigen machen? Muss er doch dem Versuch entgegentreten, eine Entscheidung auszuhebeln, die eben auch möglich sein muss und sogar geboten ist. Dann nämlich, wenn keine Gefahr in der Heimat droht oder Asyl schon in einem anderen Land gesucht wurde.

Die Verpflichtung, wieder auszureisen, kann natürlich auch eine Familie mit Kindern betreffen, die während der sich oft schleppenden Verfahren Deutsch gelernt und sich wohlverhalten haben. Also besser integriert sind, als andere, deren Aufenthalt in Österreich legal ist. Doch wie ist das Problem zu lösen? Die Behörden müssen hier eine Gratwanderung unternehmen. Ein humanitäres Bleiberecht ist auf der einen Seite zu prüfen und auf der anderen ist abzuwehren, was auch nicht passieren darf: dass Schlepper, die Auswanderungswillige ausbeuten, das Rezept anbieten, die Kinder mitzunehmen und dann so lange die Asylverfahren zu verzögern, bis die Gefühle der lieben Österreicher bewirken, was das Gesetz nicht zulässt.

Ja, um Emotionen geht es, und da droht immer die Gefahr, dass sie in eine Richtung gelenkt werden, die mit dem humanitären Anliegen nur noch wenig zu tun hat. Es schmerzt, wenn man anhören muss, Kinder kämen bei uns "ins Gefängnis". Darf man den Rechtsstaat so denunzieren und politisch polemisieren, statt um Sachlichkeit bemüht zu sein? Sicher muss die Vollstreckung einer ablehnenden Asylbescheides rücksichtsvoll geschehen, und das mag da und dort nicht gelungen sein.

Besonders verwundert aber, wenn sich da Kirchenmänner in den Vordergrund drängen. Wie wurde und wird in ihrem Umfeld mit Kinderrechten umgegangen? Hat nicht der Vatikan einen Kardinal, der gegen Fehler in der Missbrauchsaffäre auftat, belehrt, ihm stehe keine Kritik zu? Wird nicht verheimlichten Priesterkindern ihr Recht auf den Vater genommen? Bedenken wir doch: Es liegt auch im Bereich unser aller eigenen Verantwortung manches im Argen. So sehr Fremdenrecht menschlich zu handhaben ist: Halten wir unsere Augen offen und verengen wir nicht unseren Blick, der überall wachsam und vor allem imstande sein muss, ruhig und objektiv zu prüfen.

Herbert Kohlmaier war Volksanwalt und ist Obmann der Reformbewegung Laieninitiative.