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Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Korruptionsaffären ist unter zwei Voraussetzungen zu begrüßen: erstens, dass angesichts der nun aktiven Parlamentarier die Aufklärungsarbeit der Justiz nicht erlahmt, und zweitens, dass das Hauptmotiv der Akteure die sachliche Suche nach der Wahrheit ist. Aber gerade bei diesem Punkt kamen am Sonntag dem Zuseher bei der einschlägigen Diskussion "im Zentrum" schon einige Zweifel: Trotz hehrer Lippenbekenntnisse dominierte auch hier bereits das Bestreben der Parteienvertreter, durch Vorverurteilungen Prügelknaben zu punzieren und durch taktische Spielchen von Schandflecken in der eigenen Hemisphäre abzulenken. Der Versuch des SPÖ-Justizsprechers Hannes Jarolim, die Faymannschen Inseratenaffären kleinzureden, und das Mantra des "grünen" Vize-Klubobmanns Werner Kogler gegen "Schwarz-Blau" stehen hier für den Stil der Debatte. Noch aber ist Hoffnung, dass die Politiker diesen U-Ausschuss als eine der letzten Chancen begreifen, sich zu rehabilitieren und den katastrophalen Meinungsforschungsbefund zu korrigieren, nach dem ihnen 82 Prozent der Bevölkerung misstrauen. Das kann gelingen, wenn alle Verantwortlichen der Versuchung widerstehen, den Ausschuss in Zusammenarbeit mit dem Boulevard als populistische Abschussrampe zu missbrauchen. Die Regierungsparteien müssen überdies mit der Erwartung fertig werden, dass sie ihre sachpolitische Stagnation überwinden und endlich die wirklich wichtigen Probleme von der Pensions- bis zur Verwaltungsreform anpacken.