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Die Überarbeitung des kanadischen Prostitutionsgesetzes sorgt für Wirbel.
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Terri-Jean Bedford peitschte Menschen und demütigte sie. Das war ihr Job. Denn die 55-Jährige war eine Domina - die "berühmteste von Kanada", wie sie sich gerne apostrophiert. Inzwischen hat sie sich aus dem Beruf zurückgezogen. Doch dass sie nach wie vor ordentlich austeilen kann, hat sie erst vor kurzem wieder bewiesen. Denn die von der konservativen Regierung vorgeschlagene Änderung des Prostitutionsgesetzes gefällt ihr gar nicht. Als Expertin wurde sie vor den zuständigen Senatsausschuss geladen, um zu dem Regelwerk Stellung zu beziehen. Sie erschien in Lederkluft und mit Reitgerte und sagte: "Sollte dieses Gesetz durchgehen, werde ich dafür sorgen, dass das, was dann kommt, Mike Duffy in den Schatten stellt." Duffy ist ein Skandal-Senator, der suspendiert wurde und wegen dutzender Straftaten angeklagt ist. Wie sie das anstellen will, sagte sie auch gleich: "Ich habe Unmengen an Informationen und Beweisen über Politiker in diesem Land", feixte Bedford, bevor sie von der Wache aus dem Saal eskortiert wurde. Mit Spannung wartet die Öffentlichkeit nun auf das, was als Nächstes passiert. Denn Bedford ist in Sachen Prostitutionsgesetz nicht nur eine verbissene Kämpferin, sondern auch so eine Art Koryphäe. Sie war es nämlich, die in erster Linie dafür gesorgt hat, dass die geltende Regelung überhaupt überarbeitet werden muss.
Prostitution ist in Kanada grundsätzlich erlaubt. Allerdings sind bestimmte damit in Verbindung stehende Tätigkeiten verboten: Ein Bordellverbot soll sicherstellen, dass Prostituierte nicht von einem festen Ort aus ihre Dienste anbieten. Um Zuhälterei zu verhindern, ist es verboten, seinen Unterhalt mit Prostitution zu verdienen. Und überhaupt ist die öffentliche Kommunikation zur Anbahnung von Prostitution verboten, damit Prostituierte ihre Dienste nicht auf der Straße anbieten. Bedford fand, dass das gegen die kanadischen Grundrechte verstößt. Sie beschloss, mit zwei Arbeitskolleginnen gegen das Gesetz zu klagen - mit Erfolg. Der Oberste Gerichtshof entschied im Dezember 2013 einstimmig, dass das Prostitutionsgesetz verfassungswidrig ist. Es verletze das Recht auf Sicherheit der Liebesdienerinnen, da es sie zwingt, im Verborgenen zu arbeiten. Die Höchstrichter setzten dem Parlament eine Frist von einem Jahr, das Regelwerk zu reparieren. Der Vorschlag ist nun, an der anderen Seite anzusetzen und Freier zu kriminalisieren. Doch das war es nicht, was Bedford im Sinne hatte, als sie gegen das Gesetz klagte: "Änderungen oder Streichungen von Klauseln eines grundsätzlich fehlerhaften Gesetzes sind irrelevant." Sie fordert vielmehr eine weit ausgelegte Legalisierung und ein fundamental neues Gesetz. Und wer weiß: Vielleicht hilft ihr ja so mancher Ex-Kunde dabei, das zu erreichen, was sie will.