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"Eine eigene Liste hätte die ÖVP noch härter getroffen"

Von Alexander Maurer

Politik

Stenzels Wechsel stellt für Politikexperte Thomas Hofer eine Win-win-Situation für sie und FPÖ dar. Für die Wähler sei die Aktion frustrierend.


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Wien. Politikexperte Hofer über Stenzels Kandidatur und eine "fatale Signalwirkung" von Parteiwechslern an die Wähler.

"Wiener Zeitung":Wie beurteilen Sie die Kandidatur von Ursula Stenzel auf der freiheitlichen Liste?Thomas Hofer: Es ist insofern nicht überraschend, dass Stenzel der ÖVP schadet oder schaden will. Da hat sich viel aufgestaut, und davon war fast auszugehen. Dass es eine Kandidatur bei den Blauen wird, ist natürlich ein Paukenschlag. Das kann der ÖVP den Bezirksvorsteher im ersten Bezirk kosten. Stenzel wird aber sicher nicht alle Stimmen, die sie aufseiten der Bürgerlichen abgedeckt hat, mitnehmen können. Da gibt es bei vielen Bürgerlichen eine Mentalreservation, nicht die Blauen zu wählen. Aber einen Teil ihrer "Fangemeinde" wird sie wohl mitnehmen.

Was bringt Stenzels Name auf der Wahlliste den Beteiligten?

Es bringt der FPÖ zwar nicht viel, aber für Strache ist es ein Zusatzasset, wenn er eine bürgerliche Ikone mit an Bord nimmt. Strache hat im Burgenland bewiesen, dass er bei Rot wildern kann und hat jetzt auch Stenzel von der Wiener ÖVP losgeeist. Für beide ist es eine Win-win-Situation, da Stenzel auf der Landesliste abgesichert ist. Auch wenn davon auszugehen ist, dass sie nicht Bezirksvorsteherin bleibt, wird sie als Vertreterin der FPÖ eine Rolle in der Wiener Landespolitik beibehalten. Sich als unabhängigen Kandidaten zu präsentieren, ist immer ein PR-Gag. Denn wenn man bei einer Partei auf der Liste kandidiert, ist man auf der Liste, egal ob Parteimitglied oder nicht. Auch andere haben in den letzten Wochen und Monaten die Farbe gewechselt. Dass die ÖVP jetzt ihre eigene Praktik trifft, kann man auch interessiert feststellen.

Welche Signalwirkung haben die Parteiwechsel einiger Politiker in den vergangenen Monaten an die Wähler?

Ich glaube, es ist ein fatales Signal, nämlich, dass man seine Gesinnung an der Garderobe abgeben kann, solange die Chance besteht, seine Position zu halten. Das unterstreicht die Beliebigkeit in der Politik und ist für keine Partei gut. Langfristig führt das zu einer gewissen Politiker- oder Parteienverdrossenheit bei den Wählern. Der allgemeine Frust wird damit eher angefacht als besänftigt.

Wird es im 1. Bezirk ein Duell zwischen Figl und Stenzel geben?

Dass die FPÖ im 1. Bezirk Erster wird, wäre eine kleine Sensation. Da ist der Abstand der Volkspartei zur SPÖ geringer. Es wird jedenfalls ein spannendes Rennen. Die ÖVP wird Mühe haben, den ersten Platz zu halten. Wäre Stenzel mit einer eigenen Liste angetreten, hätte das die Volkspartei wohl härter getroffen.