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Eine Einigung, die spaltet

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

ÖVP froh, dass die AHS bleibt, Kritiker erzürnt, dass keine Gesamtschule kommt.


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Wien. "Meilenstein", "Jahrhundertprojekt", "epochales Werk" - Unterrichtsministerin Claudia Schmied kam aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus, als sie am Dienstag verkündete, dass bis 2018/19 alle Hauptschulen in Neue Mittelschulen (NMS) umgewandelt werden sollen. Sogar ÖVP-Bildungsverhandler Werner Amon sprach von der "größten Schulreform seit 50 Jahren". Tatsächlich wurde letztmals 1962 mit der Polytechnischen Schule ein völlig neuer Schultyp eingeführt. Dass dies auch bei der NMS der Fall ist, daran zweifeln allerdings einige.

So kritisieren etwa die Grünen oder der Organisator des Bildungsvolksbegehrens Bernd Schilcher, dass die NMS lediglich eine Umbenennung der Hauptschulen sei, aber nicht die Umsetzung der von ihnen geforderten gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen. Andere wiederum, wie der freiheitliche Bildungssprecher Walter Rosenkranz, fürchten, dass früher oder später auch die Gymnasien im "Schwarzen Loch" NMS verschwinden werden.

Tatsächlich sind sich auch die Koalitionspartner nicht ganz einig, wo man denn in Sachen Schulreform nun steht. Während die ÖVP das Motto "Das Gymnasium bleibt, die Neue Mittelschule kommt" propagiert - was eher für einen Erhalt des Status quo spricht -, ist die Überführung der NMS in das Regelschulsystem für die SPÖ nur "ein Schritt Richtung gemeinsame Schule", wie der rote Bildungssprecher Elmar Mayer sagt. Schmied und Amon betonten beide, dass diese Frage derzeit nicht vorrangig sei. Jetzt gehe es darum, die "massive Weiterentwicklung der Hauptschulen" (Amon) umzusetzen.

1000 Euro pro Schüler

Das diesbezügliche Gesetzespaket, das seit Dienstag in Begutachtung ist, sieht vor, dass bis zum Schuljahr 2018/19 alle 1178 Hauptschulen in NMS umgewandelt werden. Derzeit haben schon 434 Hauptschulen diesen Schritt vollzogen. Pro Schüler bekommt eine NMS 1000 Euro zusätzlich pro Jahr. In Summe ist ein Zusatzbudget von 230 Millionen Euro vorgesehen. Damit werden etwa jene 4000 zusätzlichen Lehrer (bisher rund 30.000) bezahlt, die die inhaltliche Neuausrichtung der NMS erst ermöglichen sollen.

Mittels mehr individueller Förderung sollen die mehr als 230.000 Schüler künftig besser auf Beruf oder weiterführende Schule vorbereitet werden. Dazu stehen sechs zusätzliche Schulstunden pro Woche zur Verfügung. Frontalunterricht wie bisher soll durch Gruppen-Unterricht, Förderungs- und Leistungskurse, Teamteaching und Ähnliches ergänzt werden.

In Deutsch, Mathematik einer lebenden Fremdsprache und einem weiteren Fach (lebende Fremdsprache oder Geometrisches Zeichnen) wird künftig zwischen grundlegender und vertiefter allgemeiner Bildung differenziert. Von den diesbezüglichen Beurteilungen hängt auch ab, ob jemand eine weiterbildende Schule besuchen kann.

Wer das Bildungsziel in der vertieften Allgemeinbildung in allen vier Pflichtfächern erreicht, kann am Ende der 8. Schulstufe in eine AHS oder BHS wechseln. Wird das Ziel nur in drei Fächern erreicht, braucht es die Zustimmung der Klassenkonferenz oder eine Aufnahmeprüfung.

Wer in der grundlegenden Allgemeinbildung in allen vier Fächern zumindest ein "Befriedigend" bekommt, kann in eine Berufsmittelschule (BMS) wechseln. Bei einem "Genügend" entscheiden Klassenkonferenz oder Aufnahmeprüfung. Ein Wechsel in eine Polytechnische Schule ist jederzeit möglich.