Seit fünf Jahren gibt es deutschsprachige Universität in Ungarn. | Die Andrássy-Uni bietet beneidenswerte Studienbedingungen. | Budapest. Sie ist gerade einmal ein halbes Jahrzehnt alt. Und doch kann die Andrássy-Universität in Budapest wohl auf eine so bewegte Geschichte zurückblicken, wie sie anderen Institutionen in Mitteleuropa nur langfristig und dann im Zusammenhang tiefgreifender gesellschaftlicher Umbrüche widerfährt. Erst als ehrgeiziges Vorzeigeprojekt von europäischem Rang geplant, alsbald nach der Gründung, nach Änderung der politischen Vorzeichen in Ungarn, fast schon wieder dem Nichts preisgegeben und inzwischen doch wieder als Eliteschmiede anerkannt, ist die Andrássy Gyula Deutschsprachige Universität Budapest, wie sie offiziell heißt, seit ihrem Bestehen durchgängig Gegenstand der öffentlichen Diskussion.
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In einem zumindest sind sich alle einig, ob sie das Vorhandensein der Andrássy-Uni nun befürworten oder ablehnen: Diese Hochschule hat ein gewisses Etwas. Von ihrer Struktur her ist sie schon allein deshalb eine besondere Institution, weil sie die einzige deutschsprachige Universität außerhalb des deutschsprachigen Raums ist. Nach eigenem Selbstverständnis werden dort Fachkräfte ausgebildet, "die mit der Vergangenheit und der Gegenwart Mitteleuropas vertraut sind und Verständnis für die Besonderheiten der Region haben".
Ausbildung von
Mitteleuropa-Experten
Am Freitag vergangener Woche feierte die Andrássy-Universität im Rahmen eines Tages der offenen Tür ihr fünfjähriges Bestehen. Am 22. Februar 2001 wurde die "Ulmer Erklärung" über die Grundidee der Andrássy-Universität unterzeichnet, am 2. September 2002 begann dann das erste Studienjahr.
Eines wurden die Festredner nicht müde zu betonen: Es sei ein im positiven Sinne besonderer Geist, der hier gepflegt werde und der sich vor allem in der Vermittlung eines eigenen, stets lösungsorientierten Denkansatzes niederschlage: Die Absolventen würden befähigt, später auch bei komplexen Herausforderungen nicht den Überblick zu verlieren und realitätsnahe Lösungen mit Orientierung an den Bedürfnissen der Region Mitteleuropa zu entwickeln.
Seit August 2003 hat die Universität ihren Sitz im Festetics Palais unweit des ungarischen Nationalmuseums. Ein zweijähriges Aufbaustudium ist an drei Fakultäten möglich: Vergleichende Staats- und Rechtswissenschaften, Internationale Beziehungen und Mitteleuropäische Studien. Außerdem ist ein Doktorstudium in einem von drei Teilprogrammen möglich.
Die Idee der Errichtung dieser Universität kam angesichts der Erweiterung der Europäischen Union auf. Die Uni will zum Beitrittsprozess des mitteleuropäischen Raumes zu Europa durch die Ausbildung von Führungskräften für den auswärtigen Dienst beitragen. Inzwischen hat die Andrássy-Universität sieben Partneruniversitäten in den Förderländern Deutschland, Österreich und der Schweiz. Öffentliche Gelder erhält die Universität außerdem vom ungarischen Staat und den deutschen Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern. Besonders stolz ist die Uni auf die gegebenen Studienbedingungen: Auf sieben Studierende kommt ein Professor, derzeit sind 136 Studierende immatrikuliert.