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Eine EM hat Platz für 32 Teams

Von Christian Mayr

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Think Big? Das neue 24er-Feld ist alles andere als optimal - wird die WM auf 40 Teilnehmer aufgestockt, muss auch die Euro nachziehen.


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32 Mannschaften, wohlgemerkt bei einer Europameisterschaft, das wird zuerst einmal Kopfschütteln verursachen. Denn soeben muss Fußball-Europa die in Frankreich vollzogene und nicht unumstrittene Aufstockung von 16 auf 24 Teams verdauen und dies nach Turnierende entsprechend analysieren. Klar ist aber schon jetzt, dass das 24er-Feld auf lange Sicht so nicht bleiben kann, weil der windschiefe Aufstiegsmodus mit vier von sechs Gruppendritten alles andere als optimal ist. Erstens fördert es die Defensivtaktik, was sich in der mageren Torausbeute der Vorrunde niederschlägt (drei 0:0 hätten beispielsweise ein Team ins Achtelfinale gebracht); zweitens sind potenziell wieder Nichtangriffsabkommen zuungunsten nicht mehr spielender Teams möglich (dabei schien das Gespenst von Gijón längst verbannt); drittens könnte bei den Gruppendritten die Fairplay-Tabelle über Wohl oder Wehe entscheiden, mit der grotesken Situation, dass etwa Nationen, die aufgrund ihrer rüpelhaften Fans bestraft wurden (Russland, England, Türkei, Kroatien), vor Österreich gereiht wären ob einer (zweifelhaften) roten Karte für Aleksandar Dragovic - also eine klassische Unfairness-Tabelle; und viertens sind selbst eingefleischte Fußballfans mit Mathematik-Matura beim komplizierten Aufstiegsrennen der Dritten mit all ihren Varianten und Achtelfinal-Gegnern heillos überfordert. Völlig zurecht wurde dieser Modus nach nur drei Weltmeisterschaften (1986, 1990, 1994) eingestampft. Nun ist es aber so, dass eine Rückkehr zum 16er-Modus undenkbar erscheint, zumal ja gerade die vielen EM-Neulinge und Langzeitabwesenden mit ihren enthusiastischen Fans das Salz in der EM-Suppe waren und sind: Ungarn, Nordirland, Wales, Island, Slowakei - allesamt im Taumel aufgestiegen; die durchaus klingenden Namen haben hingegen versagt: Russland (EM-Titel 1960), Tschechien (Titel 1976), Schweden (WM-Dritter 1994), Türkei (WM-Dritter 2002) müssen wie der letztlich sehr geheime Favorit Österreich in der K.o.-Phase zusehen. Somit kann es nur Richtung 32er-Feld und aktuellem WM-Modus gehen: acht Gruppen, je zwei Aufsteiger, kein Gruppen-Dritte-Firlefanz. Wer glaubt, Europa hätte nicht genügend schlagkräftige Teams, der irrt: Nimmt man zum jetzigen Teilnehmerfeld die Ex-Europameister Holland, Dänemark und Griechenland sowie die WM-erprobten Nationen Bosnien, Slowenien, Serbien, Norwegen, Schottland und Bulgarien hinzu, kommt man sogar auf 33 schlagkräftige Teams. Wie jetzt in Frankreich ließe sich das Turnier in einem Monat abspulen, für die zwölf Gruppenspiele mehr bräuchte es auch nur zwei zusätzliche Spieltage. Zum Vergleich: Die 64 WM-Spiele 2014 fanden an 25 Spieltagen in 12 Stadien statt, Frankreich braucht jetzt für 51 Partien 23 Spieltage und 10 Arenen.

Spätestens wenn die WM 2026, wie von Fifa-Chef Gianni Infantino gewünscht, auf 40 Teams aufgestockt wird (mit acht Fünfergruppen), wird auch die Uefa nachdenken beziehungsweise nachziehen müssen. Anders als bei Olympia ist beim Fußball zudem kein Event-Gesundschrumpfen aus ökonomischer Sicht zu erwarten - im Gegenteil: Große europäische Nationen (England, Italien, Spanien, Deutschland) wollen in den nächsten Jahren gerne wieder ein solch großes Turnier ausrichten, doch nicht für alle kann es eine WM sein. Eine richtig große EM wäre eine Alternative.