Grüne wollen SPÖ und ÖVP zu Kompromiss überreden, Hypo-Untersuchung im Herbst zu starten.
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"Wiener Zeitung": Es schaut schlecht aus für einen U-Ausschuss, alle Regierungsmitglieder sind dagegen, weil er die rasche Lösung des Hypo-Debakels blockieren würde. Schuld sei außerdem die FPÖ unter Jörg Haider.
Werner Kogler: Der U-Ausschuss kommt, weil der öffentliche Druck steigt. Wir werden solange Anträge stellen und Sondersitzungen abhalten, bis wir damit durchkommen. Außerdem: Immer mehr Schwarze oder Rote sind dafür - vom Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner, über Bauernbund-Präsidenten Jakob Auer bis hin zum burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl.
Es kommt noch ein Rechnungshofbericht über die Verstaatlichung und die Beteiligungsverkäufe, den sie initiiert haben. Es gibt strafrechtliche Untersuchungen und die Finanzmärkte drängen auf eine endgültige Entscheidung über die Hypo. Der Parlamentarismusexperte Werner Zögernitz warnt davor, parallel auch noch einen Ausschuss abzuhalten.
Ich mache den Abgeordneten der Regierungsparteien ein Angebot. Fassen wir jetzt den Beschluss für den Ausschuss, aber wir beginnen die Zeugeneinvernahmen erst im Herbst, wenn die Notmaßnahmen für die Hypo getroffen sind. Der Rohbericht des Rechnungshofes kann schon in die Vorarbeiten einfließen. Die 73 Punkte meiner parlamentarischen Anfrage am Montag sind übrigens auch schon ein Teil der Vorarbeit. Wir müssen die Eisen schmieden, solange sie heiß sind.
Was soll bei einem Hypo-U-Ausschuss untersucht werden?
Der politische Filz, das Kontrollversagen durch die Nationalbank und Finanzmarktaufsicht, warum nach kritischen Berichten nichts passiert ist, die Vorgänge in Kärnten, warum der Hypo-Chef Wolfgang Kulterer von der Aufsicht entfernt wurde und dann sofort als Aufsichtsratschef durch die Hintertür hereinkam.
Die FPÖ will erst ab der Notverstaatlichung 2009 prüfen. Wir haben bei Geschäftsführer Herbert Kickl nachgefragt. Der sagt, für die Zeit davor gab es schon zwei Ausschüsse. Die Landeshaftungen vor der Verstaatlichung würden gar nicht in die Zuständigkeit eines U-Ausschusses fallen. Kann ein U-Ausschuss ein Bundesland prüfen?
Der Banken-Ausschuss 2007 wurde abgedreht, als wir mit der Hypo begonnen haben. Außerdem war das Schlamassel damals in vollem Umfang und Perspektive schwer absehbar. Wir Oppositionsparteien werden bis Dienstag eine gemeinsame Position erarbeiten. Sinn macht eine Überprüfung für uns schon ab dem Jahr 2000. Da wurde die Finanzmarktaufsicht neu aufgestellt und 2002 beschlossen. Die Frage der Kontrolle in diesen Jahren wird auch die FPÖ interessieren. Eine Landesbank kann man sicherlich nur indirekt untersuchen. Aber bei den Kärntner Landeshaftungen gibt es einen Konnex zum Bund, die Haftungen haben uns schon im Rechnungshofausschuss wiederholt beschäftigt.
Und dann ginge es darum, was in der Nacht der Notverstaatlichung Ende 2009 geschehen ist?
Da kommt noch einiges davor. Zum Beispiel der Verkauf an die Bayerische Landesbank über die Investorengruppe rund um Tilo Berlin. Und dann gibt es die Ursünde 2008. Da wurde die Hypo von der Nationalbank als nicht gefährdet eingestuft, worauf sie staatliches Hilfskapital bekam. Und kurz nachdem die EU-Kommission den staatlichen Beihilfendeal genehmigt hatte, wurde sie sofort als "distressed" also schwer notleidend bezeichnet. Mit einem anderen Gutachten hätte die damals schon kaputte Hypo vielleicht schon 2008 abgewickelt werden müssen und wir hätten uns die halben Kosten erspart. Dem damals neuen Gouverneur Ewald Nowotny ist das passiert, ein anderer aus der Notenbank hat diese fragwürdige Schnellschuss-Stellungnahme unterschrieben. Warum? Danach geht es natürlich um die Notverstaatlichung nach dem Rückkauf von den Bayern und verschiedenste Interessen, z.B. der Raiffeisen. Die profitierte davon, dass der Hypo-Haftungsverband nicht schlagend wurde. Nächste Frage: Wie war Österreich erpressbar durch die Bayern? Schließlich wird die "Insolvenzverschleppung" in der Zeit seit 2009 bis heute Thema sein. Unter den neuen Vorständen und Aufsichtsräten wurden die Geschäfte sogar noch ausgeweitet. Die argumentierten ja auch, dass sich die Lage auch wieder bessern könnten.
Das klingt anklagend. Zögernitz warnt davor, U-Ausschüsse als Tribunal zu führen und dabei Befragte wie Angeklagte zu behandeln und vorzuverurteilen.
Es geht um die klassische Frage politischer Verantwortung. Vielleicht können die damals verantwortlichen Politiker darlegen, dass alles rechtens und die Verstaatlichung auch ökonomisch unausweichlich war. Es muss keine endgültigen Wahrheiten geben. Aber alle müssen unter Wahrheitspflicht aussagen und die Öffentlichkeit kann sich ein Bild machen.
Wen würden Sie befragen wollen?
Die damals und heute Zuständigen bei Nationalbank und Finanzmarktaufsicht, die zuständigen Finanzminister von Willi Molterer über Josef Pröll und Maria Fekter, die damaligen Staatssekretäre Andreas Schieder und Reinhard Lopatka, die Berater aus dem Raiffeisenumfeld, die bei der Verstaatlichung mitwirkten und auch den Bundeskanzler, der ja ebenfalls regelmäßig informiert wurde. Wir sollten auch die Bayern einladen, die hatten schon ihren U-Ausschuss zur Landesbank und zur Hypo. Dort gibt es Berge an Akten, an die wir über eine Kooperation mit den dortigen Grünen rankommen können.
Was die Verstaatlichung betrifft, genügt ihnen das historische Faktum nicht, dass der Präsident der Europäischen Zentralbank, EZB, Jean-Claude Trichet, Pröll anrief und um die Verstaatlichung bat, weil sonst der Balkan destabilisiert worden wäre? Der Balkan war Hauptmarkt der Hypo.
Die Vorstellung, dass die EZB Österreich bittet, die Stabilisierung am Balkan alleine zu stemmen, aber Deutschland. Bayern und die Bayerische Landesbank völlig aus der Pflicht nimmt, ist für mich absurd.
Wie lange würde so ein U-Ausschuss dauern?
Ein Ende festzulegen ist Gift, da drücken sich die Zeugen bis zum Schluss. Der Ausschuss soll so rasch als möglich aber so lange wie nötig laufen.
Falls ein Ausschuss kommt: Wollen Sie den Vorsitz oder sollte das jemand von den Neos oder dem Team Stronach machen, der in dieses Thema weniger verbissen ist?
Diese Frage ist ein Luxusproblem. Erst setzen wir die Untersuchung durch.
Für die Work-Life-Balance ist so ein Marathon-Ausschuss Gift, oder?
Ich war parallel im Banken-U-Ausschuss und im Eurofighter-Ausschuss. Meine diesbezügliche Kondition ist bekannt.
Werner Koglers Rede bei der Sondersitzung Hypo:
Hypo-U-Ausschuss
In einem parlamentarischen U-Ausschuss geht es nicht um eine Verurteilung wie vor Gericht, sondern die Klärung von politischer Verantwortung. Das Parlament überprüft aktuelle oder vergangene Regierungen, wobei nur eine Mehrheit im Hohen Haus einen Untersuchungsausschuss einberufen kann. Die Stärke dieses demokratischen Kontroll-Instruments ist die Wahrheitspflicht, unter der Auskunftspersonen aussagen. Läuft gegen sie ein Strafverfahren, können sie sich allerdings entschlagen, was in der Vergangenheit so manchen Ausschuss gelähmt hat. Außerdem müssen alle öffentlichen Behörden Akten auf Ersuchen vorlegen. 2010 hat der Kärntner Landtag die Hypo untersucht. Als sie im Banken-Ausschuss 2007 (Bawag, etc.) aufs Tapet kam, endete der Ausschuss kurz darauf.