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Themensetzen ist für Parteien in aller Regel mit Mühe und Arbeit verbunden. Am Anfang steht eine Idee, die - mit recherchierten Daten und Fakten angereichert - zu einer konkreten Forderung gerinnt. Vor die Nachricht hat der Herr eben den Schweiß gesetzt.
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Der FPÖ ist nun ein wunderbares Sommerthema in den Schoß gefallen - ganz ohne eigenes Zutun, einfach so, weil sie ist, was sie ist. Die Entscheidung des ORF, die Freiheitlichen aus dem Kreis der etablierten Parteien zu verstoßen und in eine Liga mit noch-nicht Kandidaten wie Hans-Peter Martin oder dem Liberalen Forum sowie der KPÖ hinabzustürzen, nutzt vor allem einem: Der FPÖ.
Seit der Abspaltung des orangen BZÖ stilisiert sich die Partei von Heinz-Christian Strache ganz in der Tradition des jungen Jörg Haiders als Anti-Establishment-Bewegung getreu dem alten Motto "Wir gegen den Rest der Welt".
Der ORF hat dieser Strategie nun weiteren Rückenwind verliehen. Die Begründung, die man am Küniglberg für die Entscheidung anführt, nämlich dass die FPÖ seit der Spaltung nicht mehr über Klubstärke verfüge und nur mehr durch zwei Abgeordnete vertreten sei, ist selbst in ihrer formalen Qualität fragwürdig. Auch wenn man sich auf das Vorgehen im Nationalratswahlkampf 1994 berufen kann. Damals saß Heide Schmidt gleichberechtigt in den TV-Duellen neben Franz Vranitzky, Erhard Busek, Jörg Haider und Madeleine Petrovic. Schmidt hatte sich ein Jahr zuvor von der FPÖ abgespalten - allerdings nahm sie in weiser Voraussicht fünf Kollegen auf ihr Abenteuer namens Liberales Forum mit und verfügte damit über Klubstärke. Und die fehlt nun einmal der FPÖ.
Also alles paletti? Keineswegs. Man muss kein großer Kenner der heimischen Gepflogenheiten sein, um erahnen zu können, dass sich die ORF-Führung bei dieser Entscheidung den Segen aller wesentlichen Akteure geholt hat. Neben ÖVP und BZÖ trifft dies in diesem Fall wohl auch auf die SPÖ zu. Dass Peter Westenthaler keine Lust verspüren kann, mit Strache in den Ring zu steigen, liegt angesichts der gemeinsamen Vergangenheit auf der Hand. Auch Wolfgang Schüssel und Alfred Gusenbauer werden nicht unglücklich sein, dieses tete-a-tete zu versäumen. Immerhin wildert Strache in beider Revier - und vor allem SPÖ-Wähler sind ja schon bei den letzten Wiener Wahlen dessen Charme und Botschaften erlegen.
Mag sein, dass sich ORF-Generaldirektorin Monika Lindner, die um ihrer Wiederwahl bangt, mit diesem Schachzug in alter großkoalitionärer Manier ein wenig abgesichert hat. Das Vertrauen in einen von allen eigensinnigen Wünschen der Parteien unabhängigen ORF ist damit jedoch sicherlich nicht gestärkt worden. Es ist bezeichnend, dass sämtliche Parteien diese Entscheidung kommentarlos zur Kenntnis genommen haben. Nicht einmal die Grünen wollten sich zu einem Protest aufraffen - bei Strache muss das schließlich nicht sein.