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Eine Erinnerung

Von Walter Hämmerle

Leitartikel

Statistisch gesehen zählt der Autor dieser Zeilen wohl zur großen Kategorie der Taufschein-Katholiken, die höchstens alle paar Monate eine Kirche von innen sehen (touristische Besichtigungen bei Städtereisen allerdings nicht mitgezählt). Dabei kann der Glaube an den christlichen Gott in seiner katholischen Variante durchaus auf eine gewisse Grundsympathie bauen. Man steht eben nicht gerne vor einem schwarzen, dunklen Nichts am Ende einer hoffentlich langen Reise durchs Leben. Und seine Sünden kann man schließlich sogar auch noch beichten.


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Inwiefern diese Grundsympathie mit einem achtjährigen Internatsbesuch einer katholischen Privatschule in Vorarlberg zusammenhängt, getraue ich mich im Rückblick nicht mehr zu beurteilen. Dieser Umstand klingt heute weitaus elitärer, als er damals tatsächlich war: Neben Kindern recht begüterter Eltern fanden auch Schüler aus einfachen Verhältnissen sowie Problemkids reichlich Aufnahme.

Und natürlich war auch sexueller Missbrauch ein Thema. Einige dieser Fälle kochen derzeit wieder medial hoch, damals tat man alles, um sie - und die Täter - unter dem Deckel der größtmöglichen Verschwiegenheit aus der Welt zu schaffen. Schadensbegrenzung lautete das Motto, nicht die Aufarbeitung im Sinne der Opfer, wie es heute der Fall ist. Alle, die davon wussten, fanden das in Ordnung so.

Das war die eine Seite, die subjektiv allerdings auch erst aus heutiger Sicht diese gewaltige Bedeutung gewinnt. Die andere war, dass an dieser katholischen Klosterschule bereits ein konfessionsübergreifender humanistischer Ethikunterricht praktiziert wurde, als das Wort selbst noch gänzlich unbekannt war. Von Patres in der Religionsstunde wohlgemerkt, mit dem Ziel, aus den Schülern bessere Menschen, und gar nicht so sehr bessere Katholiken, zu machen.

Diese Aspekte werden nun von einer Lawine an Missbrauchsfällen im kirchlichen Umfeld verschüttet. Das Gute kann nicht gegen das Schlechte aufgerechnet werden. Zumindest aber ist es dieser Tage legitim, auch daran zu erinnern. Auch wenn sich dadurch nichts ändern wird.