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Eine Flüchtlingsodyssee

Von Levin Wotke

Politik

Zwei Kinder und ihr Vater schlafen in Traiskirchen im Freien, obwohl eine Unterkunft für sie bereitsteht.


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Wien. Seit August 2014 ist Zulfa unterwegs. Die Syrerin ist Ende 20 und wartet seit Februar sehnlich auf ihren Mann und ihre zwei Kinder.

Die Odyssee einer Flucht: Anfang Februar kommt die junge Mutter aus Syrien in Österreich an. Ihr Asylantrag wird für heutige Verhältnisse schnell behandelt: Nach einer Woche in Traiskirchen und ein paar Tagen in der Bundesbetreuungsstelle in Bad Kreuzen kommt sie in einer Grundversorgungsstelle in Oberösterreich unter.

Bis zu ihrer Flucht lebte Zulfa mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Syrien. Ihr Mann, Ghasan, hatte noch bis nach Ausbruch des Bürgerkrieges in einer Autowerkstatt gearbeitet. Nachdem in ihrem Haus jedoch eine Bombe eingeschlagen war, entschlossen sie sich zu flüchten. Bis nach Griechenland schaffte die Familie es zu viert. Dann jedoch reichte das Geld nicht mehr aus. Zulfa reiste alleine weiter. Ihr Mann blieb in Griechenland und versuchte sich mit den Kindern durchzuschlagen. Aufgrund des desolaten Zustands der griechischen Verwaltung konnte er aber in mehreren Monaten, obwohl er es versuchte, weder sich noch zwei Kinder, Ahmed (heute 4 Jahre) und Mohammed (heute 6 Jahre) registrieren lassen. Das hätte ihm vielleicht eine Familienzusammenführung ermöglicht, doch so weit kam es nicht. Ghasan reist mit den beiden kleinen Kindern weiter nach Österreich, bis er vor zwei Wochen schließlich in Traiskirchen ankommt.

Seither sitzt Ghasan im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen. In der Grundversorgungseinrichtung, in der Zulfa untergebracht ist, sind aber, wie die "Wiener Zeitung" erfahren hat, schon längst Plätze für Ghasan und die zwei Kinder reserviert. Und obwohl es diese reservierten Plätze gibt, sind Ghasan und die Kinder seit ihrer Ankunft in Traiskirchen obdachlos.

Am Dienstag hieß es schließlich, die beiden würden eine Notunterkunft vor Ort in Traiskirchen erhalten. Bei einem Telefonat mit Zulfa am Abend schien auch das unwahrscheinlich, sie hat noch nichts von Ghasan gehört und befürchtet, dass er wieder mit beiden Kindern im Freien schlafen muss. Dreimal war Zulfa mittlerweile schon in Traiskirchen, um ihre Kinder zu trösten und sie in einem Hotel in der Nähe zu waschen. Warum aber werden Vater und Kinder nicht längst zu ihrer Mutter überstellt?

Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, sagt, dass es nur sehr vereinzelt Fälle von Vätern, die alleine mit Kindern reisen, gebe. Für Mütter mit Kindern gebe es das Quartier in der Sicherheitsakademie in Traiskirchen. Bei Männern mit Kindern bemühe man sich nun um Zeltplätze im angrenzenden Zeltlager. Gibt es Familienangehörige in Ländern, ist es eine Frage der Familienzusammenführung. Man bemühe sich in solchen Fällen in Zusammenarbeit mit der Landesregierung um eine Überweisung in eine Grundversorgungseinrichtung.

Der Sprecher der in Oberösterreich für Fremdenrecht zuständigen Landesrätin Gertraud Jahn (SPÖ) sagt seinerseits: "Familienzusammenführung hat immer Priorität. Wenn der Bund oder eine NGO das meldet, wird sofort nachgeschaut, ob in dem Quartier Platz ist." Wenn ja, dann werde eine Überstellung veranlasst.

Während Bund und Land sich die Verantwortlichkeiten zuschieben, wartet Zulfa weiter in Oberösterreich auf ihre Familie, die vermutlich die nächste Nacht im Freien verbringen muss. Ghasans Asylantrag, der in solchen Fällen üblicherweise sehr rasch erledigt wird, lässt auf sich warten.