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Barack Obamas Kritiker werfen ihm Schwäche gegenüber Russland vor - zumal die USA die besseren Karten haben.
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Alles, was US-Präsident Barack Obama sagt, ist wohl überlegt und meist hat er recht, aber er geht davon aus, zu einer rationalen Welt zu sprechen, nicht zu einer, die von Politikern wie Wladimir Putin bevölkert wird. In Sachen Machtpolitik bekommen amerikanische Präsidenten keine Punkte dafür, recht zu haben, sondern dafür, stark zu sein (oder so zu scheinen). Unter Obama hat der Ruf der USA einen wirklichen Schaden erlitten. Ich sage das als jemand, der mit vielen von Obamas außenpolitischen Zielen sympathisiert. Leider ist dieser Schaden weitgehend selbstverschuldet, von einer Regierung, die sich zu sehr auf kurzfristige Kommunikation konzentriert.
Wie kann Obama den Schaden reparieren? Vorsicht: Die Wahrnehmung von Schwäche kann einen Präsidenten zu überstürzten und kontraproduktiven Handlungen treiben, um Stärke zu demonstrieren. Je tiefer man in das Reputationsloch schlittert, umso schlimmer wird das Dilemma.
Eine von Obamas Stärken ist es, dass er weiß, wie wichtig es ist, vorsichtig zu sein. Die USA sollten einen Präsidenten würdigen, der erkennt, dass die militärischen Möglichkeiten, mit Putin in der Ukraine fertigzuwerden, begrenzt sind. Manche Vorschläge von Obamas Kritikern sind unausgegoren oder ausgesprochen gefährlich. Und dennoch hat er nur zum Teil recht. Seine eigenen Berater empfahlen vor fast zwei Jahren die verdeckte Unterstützung der syrischen Opposition - er hätte ja dazu sagen sollen.
"Weniger reden, mehr tun", so bringt es ein US-Regierungsbeamter auf den Punkt. Das ist ein einfaches Rezept - und ein richtiges. Die Lösung für Obama ist, seine Politik auf Grundtatsachen aufzubauen: Die Stärke der USA ist überwältigend und die Schwäche Russlands (oder eines anderen möglichen Gegners) unübersehbar. Man muss sich nur die Zahlen ansehen: Die US-Wirtschaft wächst wieder stabil mit einer jährlichen Rate von rund 2,6 Prozent. Das bringt Arbeitsplätze und verringert öffentliche und private Schulden. Ein Öl- und Gasboom lässt Analysten von den USA als einem neuen Saudi-Arabien sprechen.
Im Gegensatz dazu ist Russland in der Klemme und es wird noch schlimmer. Laut einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom 30. April wird sich Russlands Wachstum auf 0,2 Prozent verlangsamen, von anämischen 1,3 Prozent im Vorjahr. Die russische Wirtschaftsstrategie beruht auf Energie, aber "dieses Wachstumssystem hat seine Grenzen erreicht", sagt der IWF: "Bessere Integration in die Weltwirtschaft würde helfen, die Leistungskluft zu anderen Staaten zu schließen, Investment und Diversifizierung zu fördern und das Wachstum zu vergrößern." Das ist jedoch genau das, was Putin mit seiner leichtsinnigen Ukraine-Politik verwirkt.
Mit andern Worten: Auf Kurs bleiben - mit Sanktionen, diplomatischem Druck, Entschlossenheit der Nato. Wenn Obama die westliche Allianz mit dieser gemäßigten Politik zusammenhalten kann, wird die elementare Schwäche von Putins Position in ein paar Jahren offensichtlich. Sollte Putin unklug genug sein, in der Ukraine einzufallen, wird er auf seinem Weg nach Kiew mit einem langwierigen Kleinkrieg konfrontiert sein, Stadt für Stadt.
Übersetzung: Redaktion