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Eine Frage der Ideologie

Von WZ-Korrespondent Ferry Batzoglou

Politik

Griechischer Regierungschef Tsipras scheitert mit seinem Wunschkandidaten für die Präsidentenwahl am Widerstand des linken Parteiflügels.


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Athen. Der Sonntag hatte noch mit einer unmissverständlichen Ankündigung begonnen. Gavril Sakellaridis, Sprecher von Athens neuer Koalitionsregierung von Syriza und Anel unter Premier Alexis Tsipras, hatte im Fernsehsender Skai erklärt, noch am Abend des gleichen Tages werde der Name des Kandidaten für die noch offene Präsidentenkür in Griechenland bekanntgegeben.

Tsipras persönlich werde dies in einer aufgezeichneten Fernsehansprache tun, hieß es dazu weiter. Dem Vernehmen nach eilte dafür ein Fernsehteam in die "Villa Maximos", den Amtssitz des Regierungschefs. Umsonst.

Statt Tsipras trat Sakellaridis vor die versammelte Journalistenschar und verkündete: Der Name werde erst am Dienstag bekanntgegeben. Zuvor hatte Panagiotis Lafazanis, Minister für Energie, dem Vernehmen nach Tsipras aufgesucht und ihm mitgeteilt, dass er die allenthalben kolportierte Kandidatur von EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos, der zur Führungsriege der konservativen Nea Dimokratia (ND) gehört, kategorisch ablehne.

Avramopoulos zähle zum Block der Befürworter des Memorandums der Austeritäts- und Reformauflagen mit der verhassten Gläubiger-Troika. Er habe den rigiden Austeritätskurs in Athen mit seiner Stimme als Abgeordneter stets mitgetragen, soll Lafazanis Begründung gelautet haben.

Lafazanis führt den linken Syriza-Flügel an und kontrolliert rund ein Drittel der aktuell 149 Abgeordneten der Partei. Doch auch gemäßigtere Syriza-Abgeordnete wie Alexis Mitropoulos erklärten am Montag, nur einen bekennenden Gegner der "tödlichen Austerität" zum Präsidenten küren zu wollen.

Damit dürfte in der weiter offenen Präsidentenfrage auch ein weiterer potenzieller Kandidat aus dem Mitte-Rechts-Spektrum aus dem Rennen sein: Ex-Außenministerin Dora Bakojanni. Ex-Premier Kostas Karamanlis dürfte ebenso keine Option sein. Er hat offenbar kein Interesse, Staatsoberhaupt zu werden.

Die ND-Abgeordnete Bakojanni soll von Anel-Chef Panos Kammenos ins Spiel gebracht worden sein. Die rechtspopulistische Fraktion, die 13 Abgeordnete zählt, will wie Syriza am heutigen Dienstag die heikle Thematik erörtern.

Damit geht die Strategie des Duos Tsipras/Kammenos, mit der Personalie um den neuen Staatspräsidenten innenpolitisch die angeschlagene konservative Opposition weiter zu schwächen, nicht auf - zumindest vorerst. Auch der Posten des EU-Kommissars, der bei einer Wahl von Avramopoulos zum Staatspräsidenten vakant geworden wäre, bleibt weiter in ND-Hand.

Die gescheiterte Präsidentenkür Ende Dezember hatte zur vorzeitigen Auflösung des Athener Parlaments geführt. Laut griechischer Verfassung hat nun das neue Athener Parlament den Staatspräsidenten zu wählen. Das jetzige Staatsoberhaupt Karolos Papoulias hat seine zweite Amtszeit am 12. März 2010 angetreten - für fünf Jahre.

Grundsätzlich dürfen nun alle sieben Parlamentsparteien einen Nachfolger nominieren. Zur Wahl sind nunmehr im ersten Durchgang 180 der insgesamt 300 Parlamentsmandate nötig. Scheitert die Abstimmung im ersten Anlauf, sind beim zweiten Wahlgang nur noch 151 Ja-Stimmen vonnöten. Im dritten Anlauf reicht schon die relative Mehrheit zur Präsidentenkür. Syriza und Anel haben allein schon 162 Sitze.