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Eine Frage der Wertigkeit

Von Simon Rosner

Leitartikel
Simon Rosner
© Thomas Seifert

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Darf’s ein bisserl mehr sein? Natürlich, es ist ja Wahlkampf. Dieser ist nicht nur die Zeit "fokussierter Unintelligenz", wie Michael Häupl einmal sagte, sondern auch jene Zeit, in der wahlwerbende Parteien draufkommen, dass da, dort und überhaupt viel mehr investiert werden muss. In die Schulen, in die Unis, in Forschung, die Sicherheit, ja und manchmal, wenn ein Wahljahr mit Olympischen Spielen zusammenfällt, von denen Österreichs Athleten erfolglos heimkehren, sogar im Sport.

Auch dieser Wahlkampf bildet hier keine Ausnahme. So kommen die Parteien gerade drauf, dass das Bundesheer über viel zu wenig Budget verfügt. Und auch im Justizbereich muss es mehr werden. Da ist, wie den Stellungnahmen fast aller Parteien am Donnerstag zu entnehmen war, bereits Gefahr in Verzug. Nichts weniger als der Rechtsstaat steht auf dem Spiel.

Nun könnte man diese Forderungen als übliches Wahlkampfgeplänkel abtun. Man weiß ja, dass die verbale Geldverteilung allen Politikern sehr leicht fällt. Nach der Wahl ist vieles anders, ganz besonders dann die Mittelverteilung für die aus den Wahlen hervorgehende Regierung. Das Füllhorn ist eben nur mehr ein Hörnchen, der Großteil der Mittel ohnehin gebunden, und die Maastricht-Regeln engen die Spielräume einer Bundesregierung weiter ein.

Im Fall der Debatten über das Bundesheer- und das Justizbudget wäre es aber falsch, diese Forderungen so leichtfertig vom Tisch zu wischen. Es geht hier doch um sehr wesentliche und sensible Institutionen, deren Funktionieren für das Staatsganze von elementarer Bedeutung ist. Und es wird in beiden Fällen immer klarer, dass die Rufe nach mehr Budget, die vom Heer und auch aus der Justiz seit vielen Jahren zu hören sind, langsam aber sicher echte Hilferufe sind.

Was beide Ressorts eint, ist eine chronische politische Geringschätzung. Das Heer? Brauchen wir doch nicht! Und die Justiz? Kriminelle sollen es nicht zu gut haben! Natürlich ist dann alles anders, wenn das Bundesheer zum Katastropheneinsatz ausrückt oder sich das eigene Gerichtsverfahren über Jahre zieht. Dennoch ist es offensichtlich, dass die Politik der vergangenen Jahrzehnte in ihrer Budgetpolitik nicht die richtige Balance fand. Und zwar zwischen dem, was den gerade Regierenden politisch nutzt, und dem, das staatspolitisch notwendig ist. Der politische Nutzen von Investitionen in Heer und Justiz ist eben sehr gering, damit kann keine Regierung gewinnen. Bisher zumindest. Vielleicht ist es bei der nächsten Regierung anders, wenn diese Debatte dem Wahlkampf erhalten bleibt. Und selbst wenn nicht: Eine Budgetanpassung wäre aus staatspolitischen Gründen notwendig, und auch das kann ja ein Motiv für politisches Handeln sein.

Das Gute im Fall von Heer und Justiz: Es kostet nicht die Welt, sondern maximal ein Prozent des BIP. Das muss doch möglich sein.