)
Ab sofort ist das Rennen um das Amt des obersten Verfassungshüters eröffnet. Nach Ende der vierwöchigen Ausschreibungsfrist liegt der Ball bei der Regierung: Diese muss - einstimmig wohlgemerkt! - entscheiden, wer Karl Korinek an die Spitze des Verfassungsgerichtshofs folgt.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Man muss kein besonders intimer Kenner der heimischen Innenpolitik sein, um vorherzusagen, dass sich SPÖ und ÖVP ein erbittertes Rennen um dieses ebenso prestigeträchtige wie hochgradig politische Amt liefern werden - auch wenn der VfGH selbstverständlich nur als Kollektivorgan seine Entscheidungen trifft. Der oberste Hüter der Verfassung ist zugleich ihr wirkmächtigster Interpret, nur per Zweidrittel-Mehrheit im Parlament können ihn die politischen Parteien zum Schweigen verpflichten.
Sollte sich die Regierung nicht bis 30. April auf einen Nachfolger geeinigt haben, übernimmt interimistisch Vize-Präsidentin Brigitte Bierlein (58) die Leitung des VfGH. Chancen auf die Korinek-Nachfolgerin werden der bürgerlichen Wienerin von Insidern allerdings kaum gegeben.
Auf SPÖ-Seite ist Clemes Jabloner (59) Top-Favorit. Der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) gilt als fachlich unumstritten. Gegen ihn spricht die Frage des politischen Gleichgewichts zwischen Rot und Schwarz: Neben dem Amt des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers, des Nationalratspräsidenten wäre in diesem Fall auch der Verfassungsgerichtshof in SPÖ-Händen. Die ÖVP dürfte etwas dagegen haben. Jabloners Chance könnte in einer Paketlösung liegen, wenn nämlich der bürgerliche Rudolf Thienel im VwGH vom Vizezum Präsidenten aufrücken würde.
Von ÖVP-Seite ins Spiel gebracht wird auch Christoph Grabenwarter, seit 2005 VfGH-Mitglied. Gegen ihn spricht sein jugendliches Alter: der Steirer ist erst 41 - er könnte also als Präsident 39 Jahre im Amt bleiben. Eine rot-schwarze Kompromisslösung könnte Gerhart Holzinger (60) sein, seit 1995 beim VfGH. Als möglicher Kandidat gilt auch Johannes Schnizer, derzeit Kabinettschef von Bundeskanzler Gusenbauer.
Die Problemlösungskompetenz der Regierung ist also gefragt, aber bei Postenvergaben haben sich SPÖ und ÖVP ja meistens einigen können.