Zum Hauptinhalt springen

Eine Frau an der Spitze Sloweniens

Von WZ-Korrespondentin Marijana Miljkovic

Politik

Die neue Ministerpräsidentin Alenka Bratusek will den Sparkurs korrigieren.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Ljubljana. Alenka Bratusek ist am Mittwochabend zur neuen Ministerpräsidentin Sloweniens gewählt worden. Wie aus dem Nichts tauchte die 42-jährige Ingenieurin, Mitglied der erst jungen linken Partei Positives Slowenien (PS) vor einer Woche als Premiers-Kandidatin auf. Sie lenkt nun als erste Frau die Geschicke des Landes, nachdem die Mitte-Rechts-Regierung von Premier Janez Jansa gescheitert ist.

Die politischen Gegner, allen voran Jansas Demokraten (SDS) sind schon dabei, ihr das Leben schwer zu machen - sexistische Bemerkungen und Vorwürfe, die ihre Kompetenz in Frage stellen sollen, inklusive.

Der Finanzexpertin, die seit fast 15 Jahren im Wirtschafts- und später im Finanzministerium tätig war, hat aber eine Mehrheit im Parlament hinter sich. Hinter ihr stehen die Sozialdemokraten sowie die ehemaligen Koalitionspartner Jansas, die Pensionistenpartei DeSUS und die Bürgerliste (DL) des ehemaligen Parlamentspräsidenten Gregor Virant. Virant war es, der den Rücktritt des Premiers gefordert hatte, nachdem die slowenische Anti-Korruptionsbehörde auf Jansas Konto 210.000 Euro entdeckt hatte, deren Herkunft der Regierungschef bis heute nicht erklärt hat. Als Jansa seinen Rückzug verweigerte, nahm Virant den Hut und leitete damit im Jänner den Zerfall der Regierung ein.

Indirekt war die Korruptionsbehörde auch verantwortlich dafür gewesen, dass Bratusek nun Mandatarin für eine neue Mitte-Links-Koalition wird: PS-Chef Zoran Jankovic, Bürgermeister von Ljubljana, konnte die Herkunft von gar 2,3 Millionen Euro nicht darlegen, weswegen er seinen Parteivorsitz zunächst eingefroren hatte und diesen mit der Wahl von Bratusek auch endgültig aufgeben soll. Jankovic, Wahlsieger der Parlamentswahlen im Dezember 2011, hatte auf der Oppositionsbank Platz nehmen müssen, weil er keine Mehrheit zustande brachte.

Kürzungen zurücknehmen

In ihrer 50-minütigen Rede im Parlament kritisierte Bratusek am Mittwoch die Regierung Jansas und den strengen Sparkurs, dem Jansa "blind gefolgt ist", obwohl dieser zu keinem Erfolg geführt habe. Das Budgetdefizit von 250 Millionen Euro sei um ein dreifaches größer als geplant. Als neue Ministerpräsidentin will sie ihr Team aus mehr Experten als Politikern zusammenstellen, kündigte sie an. Innerhalb von zwei Wochen müsste Bratusek ihre Regierungsmitglieder beisammen haben. Dann will sie sich an die Budgetkonsolidierung machen, was aufgrund der sinkenden Einnahmen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer erfordern würde. Daneben will Bratusek einige Sparmaßnahmen, etwa im Kultur- und Bildungsbereich, zurücknehmen.

Die Unzufriedenheit über den Sparkurs treibt die Slowenen seit November auf die Straße. Sie waren es leid, die Misswirtschaft der Politik länger hinnehmen zu müssen und protestierten - zunächst nur gegen einen mutmaßlich korrupten Bürgermeister in Maribor, dann auch landesweit gegen Kürzungen und die politische Elite.

"Konkursverwalterin" wurde Bratusek von slowenischen Medien schon getauft, und als solche soll sie nicht nur ihre Partei, sondern auch die Regierung und die Staatsfinanzen übernehmen. Das Land, das vom mehrheitlich staatlichen Bankensektor in die Krise gestürzt wurde und Sparpakete in Milliardenhöhe schnüren musste, um einen vollkommenen Kollaps zu vermeiden, braucht eine neue Perspektive. Diese will Bratusek geben.

Die neue Ministerpräsidentin war unter drei Regierungen Direktorin des Budgetreferats im Finanzministerium. Nun will sie eigenen Angaben zufolge das Vertrauen der Bürger in die Politik zurückgewinnen. Nach spätestens einem Jahr möchte sie sich dann der Vertrauensfrage im Parlament stellen.