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Eine Frau contra Prodi, Monti & Co

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Abgeordnete, Senatoren und Vertreter der Regionen wählen Staatsoberhaupt.


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Rom. Nach den Parlamentswahlen, die am 24. und 25. Februar abgehalten werden, steht Italien eine weitere wichtige Weichenstellung bevor: Im Mai läuft die siebenjährige Amtszeit des fast 88-jährigen Staatspräsidenten Giorgio Napolitano aus. Napolitano wünscht sich als Nachfolger eine Frau und der 1955 in Sizilien geborenen Anna Finocchiaro, die derzeit Fraktionschefin der Demokratischen Partei im Senat ist, werden recht gute Chancen eingeräumt, als erste Frau nach elf Männern in das Präsidentenamt gewählt zu werden. Die Juristin, die 1987 erstmals für die damalige Kommunistische Partei einen Parlamentssitz erobert hat und die zu den dienstältesten Parlamentariern des Landes zählt, genießt über ihr politisches Lager hinaus Ansehen. Auch Lega-Nord-Chef Roberto Maroni würde sie bei der Wahl zum Präsidenten unterstützen.

Drei Ex-Premiers haben ebenfalls Chancen

Finocchiaro hat allerdings einen ernsthaften Konkurrenten im eigenen politischen Lager. Romano Prodi, in dessen erster Regierung sie von 1996 bis 1998 Ministerin für Chancengleichheit war, wird im Rennen um die Napolitano-Nachfolge eine Favoritenrolle eingeräumt. Der frühere EU-Kommissionspräsident (1999-2004) und zweimalige Regierungschef (1996-1998, 2006-2008) könnte über das Mitte-Links-Lager hinaus auch Unterstützung von den Zentrumsparteien bekommen.

Außer Prodi werden noch zwei weitere italienische Regierungschefs als mögliche Bewerber um das Amt des Staatspräsidenten gehandelt: Giuliano Amato, der 1992/93 und dann ein zweites Mal 2000/2001 Premier war und in Prodis zweiter Regierungsmannschaft von 2006 bis 2008 Innenminister. Und auch Mario Monti ist noch nicht aus dem Rennen. Über Monti als künftigen Präsidenten war bereits im Dezember spekuliert worden, nachdem Berlusconis Partei im Parlament seiner Technokratenregierung die Unterstützung entzogen hatte. Sollte die Linke bei den Parlamentswahlen im Senat keine Mehrheit erreichen und auf die Unterstützung der Zentrumsparteien angewiesen sein, würden Montis Chancen entsprechend steigen.

Im Kandidatenkarussell wird aber auch noch der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Gustavo Zagrebelsky gehandelt.

Ex-Premier Silvio Berlusconi hatte vor wenigen Tagen den Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, als künftigen Präsidenten vorgeschlagen, dieser hatte jedoch umgehend abgewunken. In Italien gilt aber auch als offenes Geheimnis, dass Berlusconi gerne seine rechte Hand, Gianni Letta, im Präsidentenamt sehen würde.

Der Präsident wird von den 630 Abgeordneten, 315 Senatoren, den Senatoren auf Lebenszeit - derzeit 4 - und 58 Vertretern der Regionen gewählt. In den ersten drei Wahlgängen ist zur Wahl eine Zweidrittelmehrheit notwendig, ab dem vierten Wahlgang reicht eine absolute Mehrheit. Napolitano wurde 2006 erst im vierten Wahlgang gewählt.