Die österreichische Fußball-Bundesliga hat eine Saison hinter sich, in der Berichte über sportliche Niederlagen noch zu den Positivmeldungen zu zählen waren. Die beiden Grazer Klubs rutschten binnen eines halben Jahres in den Konkurs, Ermittlungen gegen die leitenden Klub-Funktionäre von Sturm und GAK sind anhängig. Gerüchte über Schwarzgeldzahlungen in der Liga machten die Runde und erfuhren wenig später auch Bestätigung. Im Europacup fiel die Bilanz aller Vereine ernüchternd aus, die Wiener Austria verlor sogar gegen belgische Halb-Profis mit 1:4.
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Selten zuvor stand es um den heimischen Klub-Fußball so schlecht wie dieser Tage. Und das ist nicht nur eine Momentaufnahme; es sind auch nicht, wie häufig behauptet, ein paar schwarze Schafe, die für die Negativ-Schlagzeilen sorgen. Vielmehr hat dieser suizidale Abwärtstrend schon vor Jahren eingesetzt. Seit dieser Saison ist er nicht mehr schön- und schon gar nicht mehr wegzureden. Er ist allgegenwärtig.
Durch schärfere Lizenzkriterien versucht die Bundesliga, den Schein zu wahren. Tatsächlich ändert dies wenig. Denn das Grundproblem liegt woanders. Im Gegensatz zu fast allen europäischen Ligen haben sich in Österreich die historisch gewachsenen Hierarchien nicht vertieft, sie haben sich vielmehr aufgelöst. Sportklub und Vienna sind nur noch dritt-, der Lask und die Admira zweitklassig, dafür spielen Pasching, Mattersburg und Ried um den Uefa-Cup.
Die Konkurrenz unter den Klubs hat deutlich zugenommen. Dadurch steigen die Preise der Kicker, zusätzlich angeheizt durch die relative Kleinheit des Angebots an guten österreichischen Spielern und durch die Fantasiegagen, die in Salzburg gezahlt werden. Die guten Verdienstmöglichkeiten verhindern wiederum, dass diese Spieler ins Ausland wechseln. Die beiden Talente Zlatko Junuzovic und Christoph Leitgeb lehnten erst vor wenigen Wochen Angebote aus starken Ligen ab. Sie bleiben in der Bundesliga.
Das Niveau der Gehälter liegt in Österreich klar über jenem der Leistungen. Das bekommen die Klubs Jahr für Jahr im Europacup zu spüren. Und auch die Nationalmannschaft wird dadurch in Mitleidenschaft gezogen. Die Welt- und Europameisterschaften in jüngerer Vergangenheit haben deutlich gezeigt, dass jene Teams vorne mitspielen, deren Mitglieder in den Top-Ligen spielen.
Österreich ist im Fußball aber kein Export-, sondern ein Importland. Und über die Qualität dieser Importe lässt sich streiten. Seit Carsten Jancker 1996 hat kein Legionär mehr den Sprung über Österreich zu einem internationalen Top-Verein geschafft.
Eine kurzsichtige, nicht nachhaltige Transfer- und Sportpolitik fast aller Klubs tut ihr übriges zur Misere. Den Unterschied zwischen Sein und Schein in der Liga möchte man die Teamspieler bei der EM 2008 Fußball spielen sehen. Österreich wäre ein Titelkandidat.