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"In der Unesco wurde der Palästinenserstaat geboren." Dieser pathetische Satz stammt nicht von einem enthusiasmierten Anhänger der palästinensischen Sache, sondern stand in der israelischen Zeitung "Yediot Ahronot" geschrieben.
Das stimmt wahrscheinlich sogar, die entscheidende Frage ist nur, ob die Aufnahme Palästinas in die Wissenschafts- und Kulturorganisation der UNO die Staatswerdung des palästinensischen Volkes beschleunigt oder doch nicht eher um weitere Jahre verzögert. Dass nur eine Zwei-Staaten-Lösung ein Ende des blutigen Nahostkonflikts herbeiführen kann, ist längst Common Sense. Die Geister scheiden sich über den Weg zu diesem Ziel.
Die Freude der Palästinenser und der gesamten islamischen Welt ist verständlich: Von 193 Mitgliedern stimmten 107 für die Aufnahme, nur 14 dagegen (darunter die USA, Deutschland, Kanada, die Niederlande und Tschechien; Österreich stimmte wie auch Frankreich mit Ja) - das ist rein zahlenmäßig eine herbe Niederlage für Israel und seine Verbündeten. Nur: Die Mehrheitsverhältnisse unter den UN-Mitgliedsstaaten zugunsten der Palästinenser sind längst bekannt. Zu einer Aufnahme Palästinas als UNO-Mitglied hat dies nicht geführt. Derzeit prüft ein Ausschuss, ob die Palästinenser die in der UNO-Charta verankerten Aufnahmebedingungen erfüllen. Doch solange sich die beiden Konfliktparteien nicht selbst einigen, werden die USA einen Beitritt per Veto im Sicherheitsrat verhindern.
Der Preis, den die Unesco und die Palästinenser für diesen symbolischen Triumph berappen, ist hoch. Die Retourkutsche folgte auf den Fuß: Israel treibt - völkerrechtswidrig - den Ausbau seiner Siedlungen weiter voran, die USA haben ihre Unesco-Zahlungen eingestellt - immerhin 22 Prozent des Gesamtbudgets. Andere Staaten werden wohl folgen. Anzeichen dafür, dass die Unterstützer Palästinas diesen Ausfall kompensieren werden, gibt es nicht.
Es steht zu befürchten, dass auch noch so viele symbolische Siege die Palästinenser nicht zu ihrem ersehnten Ziel, der eigenen vollen Staatlichkeit, führen werden. Die USA werden Israel, ihren engsten Verbündeten, nicht fallen lassen - aus außenpolitischen wie innenpolitischen Gründen. Stattdessen wird weiter das biblische Vergeltungsprinzip walten: Es gilt Auge um Auge, Provokation um Provokation, Druck wird mit Gegendruck beantwortet.
Die Unesco ist nun zur Geisel des Nahostkonflikts geworden. Hoffentlich muss sie nicht so lange bis zu ihrer Rettung ausharren wie der von der Hamas entführte israelische Soldat Gilad Shalit. Der hat fünf lange Jahre auf seine Freilassung gewartet.