Am 5. Mai 1945 wurde das Konzentrationslager Mauthausen befreit. Seit 1998 gilt dieser Tag in Österreich als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus. Heuer war die gemeinsame Gedenkveranstaltung von Nationalrat und Bundesrat im Reichsratssaal des Parlaments den von den Nationalsozialisten ermordeten Roma und Sinti gewidmet. Nationalratspräsident Andreas Khol erinnerte daran, dass von den 11.000 vor 1938 in Österreich lebenden Roma und Sinti höchstens 2.000 überlebten. Durch die EU-Erweiterung wurden die Roma zur größten Volksgruppe Europas.
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Die Geschichte der Roma und Sinti, der so verächtlich genannten "Zigeuner" war schon lange vor der NS-Zeit eine der Verfolgung, wie Khol ausführte. Immer wieder wurden sie weggewiesen und mit inhumaner Strafgesetzgebung verfolgt. Maria Theresia und Josef II. versuchten eine Integration mit Zwangsansiedlungen zu erzwingen. Pflichten und Verbote - darunter das Verbot der eigenen Sprache - wurden ihnen auferlegt.
Die schlimmsten Verfolgungen hatten sie aber während der Nazi-Herrschaft zu erleiden. Unmittelbar nach dem sogenannten "Anschluss" setzte die Verfolgung ein. Die Gesamtzahl der von den Nazis getöteten Roma und Sinti wird auf 500.000 geschätzt - das ist die Hälfte derjenigen, die noch 1939 in Europa lebten.
Aber auch die Wenigen, die zurückkehrten, fanden ihre Häuser in den rund 130 ehemaligen Roma-Siedlungen im Burgenland zerstört. Nur zögerlich wurde von den Gemeinden geholfen, Ghettobildung und Diskriminierungen blieben. Einen traurigen Gipfel der Angriffe bildete das Attentat auf die Roma-Siedlung in Oberwart im Februar 1995.
Positiv hob Khol in seiner Ansprache hervor, dass Österreich als erster EU-Staat 1995 die Roma und Sinti als ethnische Minderheit anerkannt und "zumindest eine rechtliche Diskriminierung beendet" habe. Auch zeigte er sich erfreut darüber, dass das Bekenntnis zu Romani als Umgangssprache merkbar gestiegen sei. Dennoch musste auch Khol eingestehen, dass "die faktische Ungleichbehandlung noch nicht beendet ist". Er verwies etwa auf das Wort "Zigeuner", das aus dem Sprachschatz demokratisch denkender Menschen gestrichen gehöre.
Sarközi fordert bessere Lebensbedingungen
Ein selbstbewussteres Auftreten verdanken die Roma und Sinti auch ihren Kulturschaffenden und politischen Vertretern wie etwa Rudolf Sarközi, Obmann des Kulturvereins österreichischer Roma, der in seiner Rede bessere Lebensbedingungen für seine Volksgruppe einforderte. Schließlich sei "der sozial schlechte und menschenunwürdige Zustand" der Roma in den neuen EU-Ländern nicht zu übersehen. Sarközi erinnerte an das Leid seiner eigenen Familie: Von 128 Mitgliedern haben nur acht den Holocaust überlebt.
Bundesratspräsident Jürgen Weiss betonte, wie wichtig das Erinnern ist. "Wenn Erinnerung Identität stiftet, dann hat auch die Erinnerung an Verfolgung, Leid und Vernichtung dazu beigetragen, dass die österreichischen Roma und Sinti ihre Identität bewahrt oder wieder gefunden haben."