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"Eine Gibson kauft man nicht online"

Von Wolfgang Zaunbauer

Wirtschaft

Günstige chinesische Produkte drücken Umsätze. | Einkaufen im Internet nicht immer empfehlenswert. | Wien. Die Vorweihnachtszeit ist für den österreichischen Musikinstrumentenhandel von entscheidender Bedeutung. In den letzten drei Monaten des Jahres macht die Branche etwa 40 bis 60 Prozent des Jahresumsatzes von insgesamt rund 120 Mio. Euro, schätzt Christian Pankratz, Geschäftsführer von Musik Produktiv in Wiener Neustadt, einem der größten Musikhäuser Österreichs. "Das sind die einzigen Monate, in denen der Musikfachhandel wirklich etwas verdient."


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#Keine Lobby

Der Musikinstrumentenhandel in Österreich ist eine verschwindend kleine Branche. Laut einer Marktstudie von Fessl-GfK im Auftrag der Wirtschaftskammer arbeiten gerade einmal 600 Personen in den rund 200 Geschäften. Wobei diese Zahlen nicht ganz unumstritten sind. So geht etwa Rudolf Schauer vom Wiener Musikhaus Klangfarbe davon aus, dass sein Geschäft in der Marktstudie nicht inkludiert ist. Klangfarbe erwirtschaftet mit rund 50 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von gut 15 Mio. Euro. Doch auch Schauer weiß um die Probleme der kleinen Branche: "Es gibt keine Lobby. Niemand versucht, uns zu schützen."

Probleme bereiten den Händlern vor allem billige Massenware aus Fernost. "Der ganze Markt ist überschwemmt mit chinesischen Produkten. Deswegen sind die Preise im Keller", sagt Schauer. "Wir stehen schon seit zehn Jahren unter dem Preisdruck der chinesischen Hersteller, der jetzt erst in anderen Branchen durchschlägt." Dies sei zwar für die Kunden erfreulich, zumal in China mittlerweile auf einem qualitativ hohen Level produziert werde. Für die Geschäfte stellen die niedrigen Preise jedoch eine große Herausforderung dar. "Um den Umsatz zu halten, müssen wir die verkaufte Stückzahl verzehnfachen. Trotzdem dauert die Beratung bei jedem Kunden gleich lange wie früher. Wir haben also die sieben- bis achtfache Arbeit für denselben Umsatz", so Schauer.

Sehen, hören, probieren

Auch der Onlinehandel, also das Einkaufen übers Internet, mache der Branche zu schaffen, sagt Otmar Hammerschmidt, Obmann der Berufsgruppe Musikinstrumentenhandel in der Wirtschaftskammer. Dabei mag das Shoppen im Internet zwar bequem sein, empfehlenswert ist es jedoch nicht. Musikinstrumente klingen, auch wenn sie baugleich sind, nie wirklich identisch. Daher sei es wichtig, die Instrumente zu sehen, zu hören und auszuprobieren, sagt Pankratz. "Es kauft nur der über den Online-Shop, dem es wurscht ist." Außerdem sei der Preisvorteil spätestens bei einer eventuellen Rücksendung dahin.

Schauer ist weniger skeptisch gegenüber dem Onlinegeschäft, relativiert aber auch dessen Bedeutung. Zwar steige der Umsatz des Onlinegeschäfts auch bei Klangfarbe, aber es sei mehr ein Zubrot. "Eine Gibson kauft man nicht übers Internet. Die Leute wollen etwas Greifbares." Manche Geschäfte verzichten mittlerweile völlig auf den Verkauf übers World Wide Web. Das Kärntner Musikhaus Mühlbacher wirbt etwa mit dem Satz: "Wir sind kein unpersönlicher Cyberstore, bei uns werden sie noch von richtigen Menschen bedient." Sinkende Produktpreise und Internethandel sind mitverantwortlich dafür, dass die Verkaufszahlen des österreichischen Musikinstrumentenhandels in den vergangenen Jahren leicht rückläufig waren. Es sind die günstigen Preise, die zahlreiche Kunden ins Netz locken.

Laut Fachverbandsobmann Hammerschmidt drückt vor allem die niedrigere Mehrwertsteuer (16 Prozent) in Deutschland die Preise. "Das wird sich aber hoffentlich regulieren", sagt der Tiroler Musikhändler und verweist auf die anstehende Erhöhung auf 19 Prozent. Klangfarben-Chef Schauer ist hier allerdings skeptisch: "Die werden die Preise nicht erhöhen. Die schlucken das." Die, das sind die großen deutschen Geschäfte wie der Cyberstore Thomann, die mit ihren niedrigen Preisen die Konkurrenz zu erdrücken drohen. Dieser bleibt nichts anderes übrig, als nachzuziehen. "Die geben die Preise vor und wir gehen mit, auch wenn die Gewinnspanne mittlerweile sehr eng ist", sagt Schauer. Pankratz hingegen will bei dieser "Preisdrückerei" nicht mitmachen und setzt stattdessen auf Service. Allerdings kämpft sein Unternehmen derzeit mit der drohenden Insolvenz.